BAföG-LeistungsnachweisAufschub des Leistungsnachweises begründen
1. Gründe für den Aufschub des Leistungsnachweises beim BAföG
Allgemein gilt, dass ihr bei Vorliegen von Verlängerungsgründen das Amt so früh wie möglich informieren solltet, damit die Sachlage möglichst schon geklärt ist, wenn ihr den Leistungsnachweis eigentlich vorlegen müsstet. Auch wenn ihr es geschafft habt, solltet ihr nicht trödeln, denn es kann ja immer etwas dazwischen kommen. Und den Aufschub verlängert zu bekommen, ist deutlich schwieriger.
Übrigens: Vergesst nicht, nach Ablauf der Zeit, die das Amt euch zugestanden hat, den dann hoffentlich vorliegenden Leistungsnachweis von euch aus schnellstmöglich dem Amt vorzulegen!
a. Regelstudienzeitverlängerung der Länder wegen Corona-Pandemie
Durch die Verlängerung der Regelstudienzeit für die „Corona-Semester“ (je nach Bundesland allerdings unterschiedliche Semester und Höchstzahl der Semester) musst du deinen Nachweis möglicherweise erst später vorlegen. Lies in unserem Artikel nach, ob und wie viele Semester dies bei dir ausmacht!
Hintergrund: Das BMBF hat diese Vorgehensweise erst Ende April 2021 festgestellt, vorher war die allgemeine Vermutung, dass individuell ein Aufschub beantragt werden müsste.
b. Auslandsaufenthalt
Habt ihr während der ersten Semester im Ausland studiert und war dieser Auslandsaufenthalt nicht nach der Studienordnung zwingend vorgeschrieben, so zählt die im Ausland verbrachte Zeit (maximal 1 Jahr) bei eurem Studium im Inland nicht mit, wird also auch nicht im Zusammenhang mit dem Leistungsnachweis berücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon, ob ihr für den Auslandsaufenthalt BAföG bekommen habt oder nicht. Näheres dazu findet ihr hier.
Das BAföG-Amt sollte den Aufschub wegen Auslandseaufenthalt in der Regel von sich aus gewähren. Voraussetzung ist aber natürlich, dass das Amt weiss, was ihr gemacht habt! Falls das nicht der Fall ist, so solltet ihr euer Amt entsprechend informieren, wenn es zu einem früheren Zeitpunkt nach dem Leistungsnachweis fragt. Wenn ihr ganz sicher gehen wollt, macht am besten gleich bei Antragstellung eine kurze Mitteilung, wieso ihr Formblatt 5 (noch) nicht mit vorlegt.
c. Krankheit
Die Krankheit muss ursächlich dafür sein, dass ihr nicht den regulären Leistungsstand habt. Dies setzt voraus, dass sie entweder länger gedauert hat oder durch sie ein Prüfungstermin nicht wahrgenommen werden konnte. In jedem Fall ist ein ärztliches Attest notwendig.
Könnt ihr wegen einer Krankheit eure Ausbildung nicht fortsetzen, so zahlt das BAföG-Amt euch dennoch bis zu einem Zeitraum von drei Monaten weiter den gewohnten Förderbetrag. Nach VwV 15.2a.1 wird dabei der Monat, in den der Beginn des die Ausbildung hindernden Ereignisses fällt, nicht mitgezählt. Stellt sich heraus, dass ihr länger ausfallen werdet, so müsst ihr euch beurlauben lassen und ALG II beantragen.
Eine rückwirkende Beurlaubung für das gesamte Semester führt dazu, dass ihr auch die in diesem Semester erhaltenen Förderbeträge zurückzahlen müsst, denn die Regelung mit den drei Monaten ist im Falle einer formellen Beurlaubung nicht anzuwenden (VwV 15.2a.2). Stattdessen könnt ihr aber (ausnahmsweise auch rückwirkend) ALG II erhalten. Das ergibt sich aus § 28 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 5 SGB II. Wichtig: Mit der Antragstellung nicht warten, sonst gibt es ALG II nämlich nicht mehr rückwirkend.
Sollte eine rückwirkende Beurlaubung nicht (mehr) möglich sein, müsst ihr dem BAföG-Amt melden, dass ihr krankheitsbedingt länger ausfallen werdet, damit die BAföG-Zahlungen nach den drei Monaten eingestellt werden können. Stattdessen habt ihr nunmehr (auch ohne Beurlaubung) einen Anspruch auf ALG II, der erst dann endet, wenn ihr das Studium fortsetzt.
Zum Thema ALG II im Urlaubssemester findet ihr hier weitere Informationen.
d. Verschulden der Hochschule
Ein Verschulden der Hochschule kann z. B. dann vorliegen, wenn ihr in einem Semester nur deshalb eine Modulprüfung oder sonstige Leistung nicht erbringen könnt, weil ein entsprechendes Angebot vonseiten der Hochschule gänzlich (!) fehlt. Oder die Hochschule kann euch z. B. bestimmte Apparate oder Räumlichkeiten, auf die ihr zwingend angewiesen seid, nicht zur Verfügung stellen. Grundsätzlich gilt bei diesem Grund für eine spätere Vorlage des Leistungsnachweises, dass ihr wirklich keine Chance gehabt haben dürft, euch irgendwie anders zu behelfen. So wird von euch erwartet, dass ihr euch zunächst einmal mit den - auch schlechten - Bedingungen an der Hochschule arrangiert. Nur wenn gar nichts mehr geht, lohnt es sich, hiermit eine Verzögerung des Studiums zu begründen. Ein weiteres Problem dürfte sein, einen schriftlichen Nachweis von der Hochschule zu eurem Vorbringen zu erhalten, denn wer gibt schon gern zu, dass Mängel im Ausbildungsangebot vorliegen. Hier ist wahrscheinlich Beharrlichkeit gefragt.
e. Mitwirkung in gesetzlich vorgeschriebenen Hochschulgremien
Zu derartigen Gremien gehören z. B. der Senat, die Selbstverwaltung der Studierenden oder der Verwaltungsrat des Studentenwerks. Achtung: Nur offizielle Gremien, in die man durch Wahl gelangt, werden anerkannt. Die Verlängerung erfolgt nur in dem Maße, in dem eine Beeinträchtigung des Studiums erfolgte. Mehr als zwei zusätzliche Semester gibt es nach VwV 15.3.4 in aller Regel nicht.
f. Erstmaliges Nichtbestehen einer Modul- oder der Zwischenprüfung
Die Modul- oder Zwischenprüfung muss Voraussetzung für die Weiterführung der Ausbildung sein; Entsprechendes gilt für die erstmalige Wiederholung eines Studienhalbjahres wegen des Misslingens von Leistungsnachweisen, wenn anstelle einer Zwischenprüfung laufend Leistungsnachweise zu erbringen sind. Für das Nichtbestehen genügt es, wenn die Gesamtprüfung wegen Nichtbestehens eines Prüfungsteils als nicht bestanden gilt. Wird die Leistung allerdings deshalb als nicht bestanden bewertet, weil ihr der Prüfung fern geblieben seid oder euch Täuschung vorgeworfen wird, so rechtfertigt dies keine verlängerte Förderung. Ihr müsst auf jeden Fall den nächsten (Wiederholungs-)Prüfungstermin wahrnehmen.
g. Behinderung
Was die Feststellung einer Behinderung angeht, so genügen entsprechende Bescheinigungen anderer zuständiger Stellen. Geprüft wird aber zusätzlich, ob die Behinderung auch ursächlich für die Verzögerung der Ausbildung war. In Zweifelsfällen muss das BAföG-Amt das zuständige Versorgungsamt im Wege der Amtshilfe gutachterlich hören (VwV 15.3.8).
h. Schwangerschaft / Erziehung eines Kindes unter 14 Jahren
Bis Juli 2019 wurde nur die Erziehung von Kindern bis 10 Jahren berücksichtigt.
Folgende Zeiten wurden bisher als angemessener Ausgleich angesehen (VwV 15.3.10, noch auf die Grenze von 10 Jahren bezogen):
Schwangerschaft: 1 Semester
bis zur Vollendung des 5. Lebensjahres des Kindes: 1 Semester pro Lebensjahr
für das 6. und 7. Lebensjahr des Kindes: insgesamt 1 Semester
für das 8. bis 10. Lebensjahr des Kindes: insgesamt 1 Semester
Man kann leider vermuten, dass als angemessener Ausgleich für die Erziehung eines Kindes im 11. bis 14 Lebensjahr insgesamt nur ein Semester Verlängerung angesehen wird.
Wichtig dabei: Ihr bekommt für die jeweiligen Zeiträume immer nur ein Semester – auch dann, wenn ihr gleichzeitig mehrere Kinder betreut habt. Außerdem ist zu beachten, dass Voraussetzung für eine Verlängerung der Förderung ist, dass ihr euch trotz Schwangerschaft/Kindeserziehung überwiegend dem Studium gewidmet habt. Schafft ihr das nicht, müsst ihr euch beurlauben lassen und – falls ihr auch übergangsweise keine anderen Finanzierungsquellen habt – ALG II beantragen!
i. Spracherwerb
Setzt euer Studiengang besondere Sprachkenntnisse voraus und erwerbt ihr diese vor dem Zeitpunkt, zu dem der Leistungsnachweis vorzulegen ist, so kann auch dies die spätere Vorlage des Leistungsnachweises rechtfertigen. Wichtig: Der Erwerb der Sprachkenntnisse darf nach der Studien-/Prüfungsordnung nicht Gegenstand des Studiums sein. Ihr müsst die Sprache also ZUSÄTZLICH erlernen.
Dies gilt nicht für solche Sprachen, die üblicherweise Teil der Schulausbildung sind. Für den Erwerb von Deutsch-, Englisch- und Französischkenntnissen gibt es daher keine zusätzlichen Semester. Gleiches gilt für Lateinkenntnisse.
Übrigens: Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist ein Aufschub des Leistungsnachweises beim Spracherwerb eigentlich nicht möglich, da dieser in § 15a BAföG geregelt ist und ein Aufschub des Leistungsnachweises (geregelt in § 48 Abs. 2 BAföG) nur bei Gründen nach § 15 BAföG in Betracht kommt.
Das BMBF teilte jedoch auf Nachfrage mit, dass dies zu Ungerechtigkeiten führen würde und daher anders gehandhabt wird. Zitat aus der E-Mail des BMBF:
Bei den Fallkonstellationen des § 15 Abs. 3 und der des § 15a Abs. 3 besteht nämlich eine durchaus vergleichbare Interessenslage. Da der Spracherwerb zudem in der Regel zum Beginn des Studiums erfolgt, würden die meisten Studierenden gar nicht mehr in den Genuss einer Verlängerung ihrer Förderungshöchstdauer kommen, weil sie bereits den Leistungsnachweis nach § 48 nicht rechtzeitig vorlegen konnten und daher aus der Förderung heraus gefallen sind.
In der Vollzugspraxis wird dieses Problem daher durch eine analoge Anwendung von § 48 Abs. 2 BAföG gelöst (vgl. auch Rothe/Blanke, Kommentar zum BAföG, Stand Mai 2005, § 48 Rn 31.3). Bei Auszubildenden, deren Studiengang eine Fremdsprache voraussetzt (außer Deutsch, Englisch, Französisch und Latein) und sie diese Fremdsprache während des Hochschulbesuchs erwerben, schiebt das Amt für Ausbildungsförderung den Zeitpunkt der Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 BAföG um ein Semester hinaus.
j. Pflege von nahen Angehörigen mit Pflegegrad 3 oder schwerer
Seit August 2019 kann auch die Pflege von Angehörigen ein Grund für eine Verlängerung des BAföGs und damit auch für einen Aufschub des Leistungsnachweises sein. Allerdings sind die Bedingungen streng: Es muss sich um „in häuslicher Umgebung erfolgende[n] Pflege eines oder einer pflegebedürftigen nahen Angehörigen im Sinne des § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes, der oder die nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – mindestens in Pflegegrad 3 eingeordnet ist“ handeln.
Dabei ist schon die Pflege eines Angehörigen mit dem „leichteren“ Pflegegrad 2 nicht unaufwändig. Doch dafür (oder für Pflegegrad 1) gibt es auch künftig keinerlei Berücksichtigung.
Nahe Angehörige sind laut dem erwähnten Gesetz übrigens nur die folgenden:
Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern,
Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,
Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder.
Die genannten Gründe a bis j sind nicht abschließend. Es kann nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG weitere schwerwiegende Gründe geben, die eine Verlängerung der Förderung rechtfertigen. Das müssten dann aber schon sehr ungewöhnliche und schwerwiegende Dinge sein – keinesfalls aber die gleich im Folgenden genannten!
2. Kein rechtzeitiger Leistungsnachweis und kein gesetzlich anerkannter Grund für eine spätere Vorlage?
Definitiv keine Gründe für eine Verlängerung der Förderung sind (leider)
zusätzliche Belastungen aufgrund eines studienbegleitenden Jobs oder eines Doppelstudiums
Teilnahme an außergewöhnlichen Studienprojekten oder Wettbewerben (z. B. Moot Courts)
Zeitverlust durch einen Studienortwechsel
Pflege von Angehörigen unterhalb Pflegestufe 3 oder von Menschen, mit keine nahen Angehörigen sind
Habt ihr keinen Grund im Sinne des BAföG und schafft den rechtzeitigen Leistungsnachweis nicht, so gibt es nur einen Weg, wieder in die BAföG-Förderung hineinzukommen: Ihr holt den Leistungsstand auf. Sobald ihr dem BAföG-Amt nachweist, dass ihr wieder im normalen Studienplan studiert, also den Leistungsstand habt, den ihr nach der Prüfungsordnung haben müsstet, werdet ihr wieder gefördert (vgl. VwV 48.1.2).
Man muss dazusagen, dass dieser Weg nicht selten bloße Theorie ist, denn die Struktur eures Studiums wird es häufig gar nicht zulassen, dass ihr mehr oder andere Leistungen erbringt als planmäßig vorgesehen. Das wäre aber erforderlich. Denn nach dem fünften Semester müsstet ihr – ohne offiziellen Aufschub – ja nicht nur alle Leistungen der ersten vier, sondern auch alle des fünften Semesters nachweisen, um wieder BAföG bekommen zu können.
Von daher können wir nur empfehlen: Lasst es erst gar nicht so weit kommen, dass euch nur dieser letzte Ausweg bleibt!
3. Ändert sich die BAföG-Förderungsart, wenn der Leistungsnachweis aufgeschoben wird?
In der Regel setzt sich die BAföG-Förderung ja jeweils zur Hälfte aus einem Zuschuss und einem unverzinslichen Darlehen zusammen. Davon wird in folgenden Fällen für zusätzlich gewährte Semester abgewichen: Verlängert sich eure Förderung wegen Behinderung, Schwangerschaft oder Kindeserziehung, so bekommt ihr die zusätzliche Förderung stets als Vollzuschuss gewährt.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Zuschusssemester liegen immer am Ende des Studiums, also auch dann, wenn ihr eine Verschiebung des Vorlagetermins für den Leistungsnachweis beantragt. Solltet ihr mehrere Verzögerungsgründe vorbringen, so werden die zusätzlichen Semester in der Reihenfolge des Vorliegens der Gründe berücksichtigt. Wer also krank war, bevor er schwanger wurde und Kinder erzog, bekommt auch zuerst ein zusätzliches Semester wegen Krankheit gewährt (halb Zuschuss/halb Darlehen) und danach erst mögliche Vollzuschusssemester.
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