BAföG-FAQBAföG-Anspruch bei Studienbeginn mit über 45
Die Altersgrenze für eine Förderung mit BAföG liegt seit August 2022 bei 45 Jahren, egal ob schulische Ausbildung oder Studium. Entscheidend ist das Alter bei Beginn des Studiums (oder der sonstigen Ausbildung). Es schadet also nicht, wenn du während deiner Ausbildung die Altersgrenze überschreitest. Und: Im Sinne des BAföGs beginnt die Ausbildung mit dem 1. des Monats, in dem die Ausbildung bzw. das Studium tatsächlich beginnt. Ein Beispiel: Wer irgendwann im Oktober 1979 geboren 👶 wurde, kann – unter gegebenen Voraussetzungen – BAföG erhalten, auch wenn bspw. die Vorlesungen vom Bachelor-, Staatsexamen- oder Diplom-Studium erst am 28.10.2024 beginnen würden. Denn im Sinne des BAföGs beginnt die Ausbildung bereits am 1.10.2024. Wer erst nach seinem 45. Geburtstag ein Studium (oder eine andere BAföG-förderungsfähige Ausbildung) aufnimmt, wird nur noch unter bestimmten engen Voraussetzungen gefördert, die unten im Einzelnen aufgeführt sind (Punkte 2a-f). Und noch eine gute Nachricht: Bist du im Monat des Ausbildungsbeginns bereits 30 oder bist schon 45 und erfüllst du eine der nachfolgend genannten Voraussetzungen, bekommst du auf jeden Fall elternunabhängiges BAföG. 1. Die Altersgrenze beim BAföG
2. Überschrittene Altersgrenze: Wann eine BAföG-Förderung ausnahmsweise möglich ist
Ausnahmen bei der Überschreitung der Altersgrenze
a) Zugangsberechtigung zum Studium auf dem zweiten Bildungsweg erworben
Wenn du nach deinem 45. Geburtstag ein grundständiges Studium aufnimmst, kannst du BAföG erhalten, sofern du die Zugangsberechtigung zum Studium auf dem zweiten Bildungsweg, also an einer Fachoberschule (die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt), einem Abendgymnasium, einem Kolleg o. ä. erworben hast und der weitere Ausbildungsverlauf nahtlos verlief (vgl. künftige Fassung [noch nicht online!] § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 BAföG).
Das bedeutet, dass du unverzüglich nach Erwerb der Hochschulreife mit dem Studium begonnen haben musst und ebenfalls unverzüglich nach dem Erwerb des Bachelor das Masterstudium beginnst. Schreibst du dich erst nach deinem 45. Geburtstag in einen Masterstudiengang ein, so steht dies einer Förderung nicht entgegen (vgl. VwV 10.3.1).
Unverzüglich heißt, dass du die objektiv nächste Möglichkeit wahrnehmen musst, um die gewünschte Ausbildung aufzunehmen, auch wenn dies nicht am favorisierten Standort möglich ist.
Nach unseren Recherchen wird diese Rechtsauslegung in den meisten Bundesländern so gehandhabt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es gerade in dem von euch favorisierten Bundesland anders ist (insbesondere könnte die Altersgrenze beim Master in manchen Ländern doch zum Tragen kommen). Daher möchten wir dir dringend nahelegen, vorab entsprechende Erkundigungen einzuholen. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang:
Das OVG Hamburg hat mit Beschluss vom 22. September 2014 (Az. 4 Bf 200/12) einem Studenten Recht gegeben, der – bei bundesweiter Bewerbung – theoretisch bereits zum Sommersemester sein Studium hätte aufnehmen können, jedoch unbedingt den Studiengang Wirtschaftsinformatik an der Uni Hamburg belegen wollte, der nur zum Wintersemester beginnt.
Der Studienbeginn erfolge in diesem Fall zwar nicht unverzüglich, es sei jedoch unverhältnismäßig, dem Studenten die BAföG-Förderung zu versagen, da er in diesem Fall gegenüber solchen BAföG-Empfängern benachteiligt würde, die an seiner Stelle – zur Überbrückung des Sommersemesters – zunächst ein Parkstudium absolviert hätten, sich also an der Uni Hamburg für irgendeinen Studiengang eingeschrieben hätten, um nach einem Semester einen Fachrichtungswechsel in den Wunschstudiengang durchzuführen.
Der klagende Student habe dies nicht gemacht und sich damit hochschulrechtlich vernünftig verhalten. Zudem habe er sicher sein können, dass er einen Studienplatz zum Wintersemester erhält, weil er über eine Abiturnote von 2,7 verfügte und der NC in Wirtschaftsinformatik in den Jahren zuvor bei 3,2 bzw. 3,1 lag.
Hindert dich einer der unten genannten Gründe daran, die objektiv nächste Möglichkeit des Ausbildungsbeginns zu nutzen, so ist das Erfordernis der Unverzüglichkeit auch dann erfüllt, wenn du die objektiv nächste Möglichkeit nach Wegfall des Hinderungsgrundes nutzt.
b) Studium ohne Abitur
Hast du deinen Studienplatz ohne schulisch erworbene Hochschulzugangsberechtigung allein aufgrund deiner beruflichen Qualifikation erhalten („Studium ohne Abitur“), ist eine Förderung trotz überschrittener Altersgrenze ebenfalls möglich (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a BAföG). Nimmst du unverzüglich (s. o. Punkt 2a) nach dem Bachelorabschluss ein Masterstudium auf, schadet es nicht, wenn du bei Beginn des Masterstudiums bereits älter als 35 bist. Das ergibt sich aus VwV 10.3.1.
c) Masterstudium
Sofern dieses direkt im Anschluss (wie oben erklärt „unverzüglich“) an einen BAföG-geförderten Bachelor studiert haben und du das „45. Lebensjahr während eines zuvor abgeschlossenen Bachelor- oder Bakalaureusstudiengangs vollendet [hast]“ (Zitat aus dem Gesetz in der Fassung durch die 27. BAföG-Novelle).
d) Weiterführende Hochschulausbildung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BAföG
Für eine weiterführende Hochschulausbildung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BAföG kannst du trotz überschrittener Altersgrenze BAföG erhalten, sofern du die weitere Ausbildung unverzüglich (s. o.) nach Erreichen der Zugangsvoraussetzungen aufnimmst (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1b und Satz 3 BAföG). Was weiterführende Hochschulausbildungen sind, erfährst du im Artikel zur Förderungsfähigkeit.
Übrigens: Schon seit dem 26. BAföG-Änderungsgesetz von 2019 gibt es statt eines verzinslichen Bankdarlehens in diesen Fällen die normale Förderung (50% Zuschuss, 50% Staatsdarlehen) 😀
e) Persönliche und familiäre Hinderungsgründe
Vor dem 45. Geburtstag ist für viele ja nicht nur die Berufsausbildung Thema, sondern auch die Familienplanung. Der Staat nimmt darauf u. a. insofern Rücksicht, als du auch mit über 45 noch gefördert werden kannst, wenn dich persönliche oder familiäre Gründe daran gehindert haben, die Ausbildung vor dem 45. Geburtstag zu beginnen (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BAföG). Dies betrifft vor allem diejenigen, die Kinder haben und deshalb ihre Ausbildung verschieben mussten.
Durch die Erhöhung der Altersgrenze von früher – bis Juli 2022 – 30 Jahre (Master: 35 Jahre) auf pauschal 45 Jahre kann nicht ausgeschlossen werden, dass manche Ausnahme künftig doch wieder etwas restriktiver gehandhabt wird. Es ist zwar zu hoffen, dass das nicht passiert. Dennoch: Wer die Wahl hat, sollte es nicht darauf ankommen lassen.
Die Pflege und Erziehung von Kindern bis zum 14. Lebensjahr muss lediglich die Aufnahme der jetzigen Ausbildung vor dem 45. Lebensjahr verhindert haben. Es schadet also nicht, wenn du während der Kindererziehungszeit bis zu 30 Std./Woche erwerbstätig gewesen bist.
Alleinerziehende dürfen in der Regel umfangreicher erwerbstätig gewesen sein, weil vermutet wird, dass sie so den Bezug von Leistungen der Grundsicherung vermeiden konnten.
Selbst Nicht-Alleinerziehende können sich möglicherweise auf diese Regelung berufen, wenn sie nur deswegen über 30 Stunden arbeiten mussten, um den Bezug von Sozialleistungen zu verhindern oder zumindest zu vermindern. Jedenfalls hat im Dezember 2012 das OVG Hamburg einen entsprechenden Eilentscheid getroffen (Az. 4 Bs 200/12), nach dem auch ein Verheirateter BAföG erhalten muss, obwohl er erst mit über 30 eine Ausbildung begonnen hat und über 30 Stunden gearbeitet hatte, die Kindererziehung des gemeinsamen Kindes also offenbar vor allem durch die Ehepartnerin erfolgte.
Das Studium muss nach Wegfall des Hinderungsgrundes unverzüglich (s. o. Punkt 2a) aufgenommen werden. Nimmst du dann auch noch unverzüglich nach dem Bachelorabschluss ein Masterstudium auf, schadet es nicht, wenn du bei Beginn des Masterstudiums bereits älter als 45 bist. Das steht auch ausdrücklich im neuen Gesetz.
f) Einschneidende Veränderung der persönlichen Verhältnisse
Bist du z. B. aufgrund einer Scheidung oder dem Tod eures Ehepartners bedürftig geworden und hast noch keine BAföG-förderungsfähige Ausbildung abgeschlossen, kannst du ebenfalls trotz überschrittener Altersgrenze BAföG erhalten (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 und Satz 3 BAföG). Bedürftigkeit meint hier, dass du über kein einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII verfügst und dein monatliches Einkommen die nach § 85 SGB XII maßgebliche Einkommensgrenze nicht übersteigt. Auch hier gilt wieder: Du musst unverzüglich nach Eintritt der Bedürftigkeit das Studium aufnehmen (s. o. Punkt 2a). Nimmst du unverzüglich nach dem Bachelorabschluss noch ein Masterstudium auf, schadet es nicht, wenn du bei Beginn des Masterstudiums bereits älter als 45 bist. Das steht auch ausdrücklich im neuen Gesetz.
Wenn es nicht um ein Studium geht
Die Altersgrenze von 45 Jahren gilt auch für die Förderung von anderen Ausbildungen mit BAföG. Wer die Altersgrenze überschritten hat, kann allerdings dann noch gefördert werden, wenn eine der oben unter Punkt 2e oder 2f genannten Voraussetzungen vorliegt.
Wer ein Abendgymnasium, eine Abendhaupt- oder eine Abendrealschule besucht, bei Beginn des Ausbildungsabschnitts über 45 Jahre alt war/ist, die o.g. Voraussetzungen nicht erfüllt und nur deshalb kein BAföG erhält, kann im Falle der Hilfebedürftigkeit Bürgergeld beantragen (§ 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II).
Andere SchülerInnen, deren Förderung an der Altersgrenze scheitert, hatten seit dem 1. August 2016 ggf. einen Anspruch auf ALG-II-Leistungen im Rahmen der Härtefallregelung des § 27 SGB II. Dies wurde auch für den Nachfolger von ALG II, das Bürgergeld so beibehalten. Mehr dazu im Bürgergeld-Artikel.
3. Vorabprüfung der Förderungsfähigkeit
In einem sog. Antrag auf Vorabentscheid könnt du im Vorfeld prüfen lassen, ob du trotz Überschreitens der Altersgrenze förderungsfähig bist. Die Entscheidung des BAföG-Amtes betrifft in diesem Fall nur das Ob der Förderung, nicht deren Höhe. Das Amt ist ein Jahr ab Antragstellung an seine Entscheidung gebunden.
FAQ
Du musst dein Studium oder deine Ausbildung vor deinem 45. Geburtstag begonnen haben. Es ist kein Problem, wenn du dein Studium oder die Ausbildung erst nach dieser Frist beendest. Es gibt sogar noch Ausnahmen.
Folgende Ausnahmen werden berücksichtigt, wenn du bereits 45 Jahre alt bist:
Vor dem 45. Geburtstag musst du in der Regel das Masterstudium beginnen. Anders als vor August 2022 gibt es dafür keine extra Altersgrenze mehr. Es gibt jedoch weiterhin Ausnahmen.
Zum Weiterlesen
Anmerkung der Redaktion:
Der Artikel wurde von Nicola Pridik verfasst und wird seitdem von der Redaktion von Studis Online aktualisiert und bearbeitet. Das oben genannte Datum zeigt die letzte Aktualisierung an.