Fachkräfte im GesundheitswesenMit BAföG ins Studium?
Wer heute Hebamme, Physiotherapeut, Logopädin oder Ergotherapeut werden möchte, hat die Wahl: Schulausbildung oder Studium. Beides ist möglich, seit der Bund den Ländern grünes Licht gegeben hat für eine Verlegung ehemals schulischer Berufsausbildungen an die Hochschulen. Diese Tendenz zur Akademisierung der Gesundheitsfachberufe zieht ihre Kreise: Einerseits öffnet sie den Blick vieler Gesundheitsfachkräfte für ein Studium und den damit einhergehenden beruflichen Aufstieg, andererseits gibt es für immer mehr Ausbildungsberufe passende neue Bachelorstudiengänge, die in verhältnismäßig kurzer Zeit eine gezielte akademische Weiterbildung im Beruf ermöglichen. Erleichternd kommt hinzu, dass beruflich qualifizierte Bewerber häufig auch ohne Hochschulreife einen Studienplatz erhalten können. So kann eine fachgebundene Studienberechtigung für Berufstätige mit mittlerem Bildungsabschluss bestehen, die eine Zeit lang erwerbstätig waren und sich einen Studiengang aussuchen, der einen fachlichen Bezug zu ihrer Berufsausbildung aufweist. Wer eine Aufstiegsfortbildung in seinem Beruf absolviert hat, besitzt vielerorts sogar eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (mehr dazu siehe hier). Was bei all dem bleibt, ist die Frage der Finanzierung eines Studiums, die üblicherweise beim BAföG beginnt. Berufstätige denken bei einem Studium häufig zunächst an ein Teilzeitstudium, um ihren Beruf nicht aufgeben zu müssen und weiterhin Geld verdienen zu können. BAföG gibt es bei einem Teilzeitstudium nicht, denn nur Vollzeitausbildungen sind förderungsfähig. Das Studium muss also die Hauptbeschäftigung sein. Ob es als Präsenz- oder Fernstudium betrieben wird, ist dagegen unerheblich. Nur das Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule kann gefördert werden, nicht dagegen das Studium an einer privaten Einrichtung, die nicht staatlich anerkannt ist.1. BAföG für ein berufsbegleitendes Studium?
2. BAföG für ein Studium trotz abgeschlossener Berufsausbildung?
BAföG gibt es normalerweise nur für eine einzige berufsbildende Ausbildung. Das bedeutet: Die Förderung eines Studiums wird dann schwierig, wenn bereits die erste Berufsausbildung in dem gewählten Gesundheitsfachberuf förderungsfähig war. Dabei spielt keine Rolle, ob das BAföG-Amt während der Ausbildung tatsächlich BAföG gezahlt hat. Allein die theoretische Förderungsfähigkeit der Ausbildung an der konkreten Ausbildungsstätte genügt.
Wie lässt sich das klären, wenn man nicht gefördert wurde? Wer damals einen ablehnenden Bescheid bekommen hat, findet möglicherweise schon hier die Antwort. Denn wenn es einen anderen Grund für die Ablehnung der Förderung gab, z. B. eine Ausbildungsvergütung, die höher war als der BAföG-Bedarf, oder ein zu hohes Einkommen der Eltern, stand die Förderungsfähigkeit der Ausbildung als solche offensichtlich nicht infrage. Ansonsten hilft das BAföG-Ausbildungsstättenverzeichnis der einzelnen Länder. Hier sind – teils als Liste, teils in Form einer Datenbank – sämtliche Ausbildungsstätten aufgeführt, deren Besuch BAföG-förderungsfähig ist. Zugleich ist angegeben, wie der Schultyp einzuordnen ist (z. B. Berufsfachschule oder Fachschule) und wie lang die Ausbildung ist. Diese Informationen sind wichtig, um später zu klären, ob ein Studium ausnahmsweise als einzige weitere Ausbildung gefördert werden kann.
Findest du deine Ausbildungsstätte nicht in dem Verzeichnis, spricht einiges dafür, dass eure Ausbildung nicht förderungsfähig war. Dann ist das Studium (wahrscheinlich) deine erste BAföG-förderungsfähige Ausbildung und die abgeschlossene Ausbildung steht der Förderung nicht entgegen. Findest du deine Schule dagegen in der Liste, kann ein Studium nur ausnahmsweise gefördert werden, und zwar in folgenden Fällen:
Deine Ausbildung hat keine drei Jahre gedauert. Dann hast du deinen Grundanspruch auf BAföG noch nicht aufgebraucht, denn dieser umfasst mindestens drei Schul- oder Studienjahre berufsbildender Ausbildung bis zu einem berufsqualifizierenden Abschluss. Du kannst also noch ein Studium anschließen und dieses wird - so denn alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen - ebenfalls bis zum Abschluss gefördert.
Deine erste Ausbildung hat mindestens drei Jahre gedauert und die Ausbildungsstätte war eine Berufsfachschule oder Fachschule, die du ohne vorherige Berufsausbildung besuchen konntet. In diesen Fällen wird ausnahmsweise noch eine einzige weitere Ausbildung mit BAföG gefördert. Hintergrund ist, dass Absolventen der genannten Schulen nicht schlechter stehen sollen als Auszubildende in dualen Ausbildungsberufen, deren Ausbildung nicht BAföG-förderungsfähig ist und die deshalb problemlos noch BAföG für ein Studium erhalten können.
Du holst vor dem Studium noch dein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg oder im Wege einer Nichtschülerprüfung nach oder wirst aufgrund einer Zugangsprüfung an der Hochschule aufgenommen.
Es ist möglich, schon vor dem Studium vom BAföG-Amt am künftigen Hochschulort per Antrag auf Vorabentscheid klären zu lassen, ob die Förderung einer einzigen weiteren Ausbildung möglich ist.
3. BAföG für das Abi auf dem zweiten Bildungsweg?
Bevor du dich noch mal auf die Schulbank setzt, um dein Abitur für ein Studium nachzuholen, kläre unbedingt sorgfältig ab, ob du nicht auch ohne Hochschulreife studieren kannst. Klappt das nicht, kannst du an einem Abendgymnasium und Kolleg zumindest mit Schüler-BAföG rechnen – trotz vorheriger Ausbildung, sei sie förderungsfähig gewesen oder nicht. Mehr dazu hier.
4. Studienbeginn mit über 30 kein Problem mehr – erst bei über 45 wird es schwierig
Die Altersgrenze für eine Förderung mit BAföG liegt seit August 2022 bei 45 Jahren, egal ob schulische Ausbildung oder Studium. Dabei gilt zusätzlich noch, dass die Altersgrenze während des Studiums zu überschreiten, unschädlich ist. Du musst also nur bei Studiengebeginn noch unter 45 gewesen sein.
Und selbst wer sich erst nach seinem 45. Geburtstag an einer Hochschule einschreibt, ist zwar nicht per se von der Förderung ausgeschlossen, es müssen dann aber bestimmte weitere Voraussetzungen vorliegen, um BAföG beziehen zu können. Dabei sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:
Du bringst die Hochschulreife aus der Schule mit
In diesem Fall kannst du nur dann noch BAföG erhalten, wenn du aus persönlichen oder familiären Gründen, insbesondere wegen der Erziehung von Kindern unter 14 Jahren gehindert warst, das Studium vor deinem 45. Geburtstag zu beginnen. Doch Vorsicht: Die Begründung greift nur, wenn du das Studium unverzüglich aufnehmt, nachdem der Hinderungsgrund weggefallen ist. War deine Berufsausbildung nicht BAföG-förderungsfähig, kommt alternativ noch ein weiterer Grund für den späten Studienbeginn in Betracht, nämlich der Eintritt der Bedürftigkeit infolge einer einschneidenden Veränderung der persönlichen Verhältnisse. Auch hier gilt: Der Grund greift nur, wenn das Studium unverzüglich aufgenommen wird, nachdem die Bedürftigkeit eingetreten ist.
Hinweis: Es ist möglich, schon vor dem Studium vom BAföG-Amt am (potenziellen) Hochschulort per Antrag auf Vorabentscheid klären zu lassen, ob eine Förderung trotz Überschreitens der Altersgrenze möglich ist.
Du hast die Schule ohne Hochschulreife verlassen
Besitzt du keine Hochschulreife, ist eine Förderung trotz Überschreiten der Altersgrenze auch dann möglich, wenn du allein auf Grund deiner beruflichen Qualifikation an einer Hochschule aufgenommen wirst (Studium ohne Abitur, s. o.). Auch kannst du noch gefördert werden, wenn du die Hochschulzugangsberechtigung nachträglich auf dem zweiten Bildungsweg (an einem Abendgymnasium oder Kolleg) oder durch eine Nichtschülerprüfung erworben hast oder deinen Studienplatz über eine Zugangsprüfung an der Hochschule erhältst. In diesen Fällen ist allerdings Voraussetzung, dass du unverzüglich mit dem Studium beginnst, sobald du die Zugangsvoraussetzungen für das Studium erfüllst.
Ausführliche Informationen zur BAföG-Förderung trotz Überschreitens der Altersgrenze gibt es in einem gesonderten Artikel.
5. Elternunabhängige Förderung
Wer es gewohnt ist, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, findet die Vorstellung meist schrecklich, im Zusammenhang mit einem Studium nun wieder die Eltern um Geld bitten zu müssen – zumal diese ja in den meisten Fällen bereits eine Berufsausbildung finanziert haben. Ein BAföG-Antrag für eine Studium kommt deshalb für viele aktuell Berufstätige nur in Betracht, wenn sie unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern gefördert werden können. Bringst du eine abgeschlossene Berufsausbildung mit, ist eine elternunabhängige Förderung in zwei Fällen möglich:
Dank der inzwischen hohen Altersgrenze beim BAföG gibt es elternunabhängiges BAföG nun automatisch, wenn du bei Studienbeginn bereits über 30 bist.
Bist du noch unter 30, so muss gelten: Deine Berufsausbildung hat mindestens drei Jahre gedauert und du warst danach (!) mindestens drei Jahre erwerbstätig. War die Ausbildung kürzer, muss der Zeitraum der Erwerbstätigkeit entsprechend länger gewesen sein. (Der umgekehrte Fall – längere Ausbildung und kürzere Erwerbstätigkeit – ist nicht möglich!) Mit der Ausbildung zusammen musst du immer auf mindestens sechs Jahre kommen. Berücksichtigt werden nur Zeiten der Erwerbstätigkeit, in denen du deinen Lebensunterhalt im Wesentlichen sichern konntest. Mehr dazu hier (Variante 2 unten auf der Seite).
6. Wie hoch der Förderbetrag ausfällt
Maximal kannst du (wenn du unter 30 Jahre bist) 934 Euro im Monat erhalten. Dieser Betrag setzt voraus, dass du nicht mehr bei deinen Eltern wohnst und du selbst beitragspflichtig kranken- und pflegeversichert bist (was in der Regel nach dem 25. Geburtstag der Fall ist). Trifft einer der Punkte nicht zu, fällt der Höchstsatz etwas niedriger aus. Bist du dagegen über 30 oder hast Kinder, gibt es noch Zuschläge auf den Bedarf.
Ob du den Betrag am Ende allerdings auch tatsächlich überwiesen bekommst, hängt davon ab, ob Einkommen auf den Betrag angerechnet wird. Bei dir selbst ist dies der Fall, wenn du im Jahr mehr als 6.240 Euro brutto verdienst (ab Wintersemester 2024/2025 steigt diese Grenze wahrscheinlich auf 6.672 Euro). Unschädlich sind also durchschnittliche monatliche Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung von bis zu 520 Euro brutto (ab WiSe 24/25 wahrscheinlich 556 Euro). Darüber hinaus wird ggf. das Einkommen des Ehe- bzw. eingetragenen Lebenspartners angerechnet und das Einkommen der Eltern, sofern du nicht elternunabhängig gefördert wirst. Wer Kinder hat, kann zusätzlich für jedes Kind unter 14 Jahren einen Kinderbetreuungszuschlag beantragen. Dieser wird als Vollzuschuss gezahlt, die übrigen BAföG-Förderbeträge je zur Hälfte als Zuschuss und als unverzinsliches Staatsdarlehen.
Details kannst du bei Bedarf den folgenden Artikeln entnehmen:
7. BAföG für ein Masterstudium?
Willst du im Anschluss an ein Bachelorstudium noch ein Masterstudium absolvieren, so kann es auch dafür BAföG geben, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Du hast das Bachelorstudium abgeschlossen. Die Fachrichtung spielt keine Rolle. Sie muss also nicht mit derjenigen des Masterstudiums identisch sein.
Der Bachelorabschluss ist bisher dein einziger Hochschulabschluss.
Du bist bei Beginn des Masterstudiums noch nicht 45 Jahre alt – oder warst bei Beginn des Bachelorstudiums noch unter 45 und studierst den Master direkt im Anschluss an den Bachelor.
Mehr zum BAföG für ein Masterstudium.
8. Alternativen und/oder Ergänzungen zum BAföG
Kommst du zu dem Ergebnis, dass es mit BAföG wohl nichts wird oder reicht der Förderbetrag voraussichtlich nicht aus, gibt es u. a. noch folgende Finanzierungsmöglichkeiten:
Aufstiegsstipendium des Bundes
Kommt für Berufstätige in den bundesgesetzlich geregelten Gesundheitsfachberufen in Betracht, die ein Vollzeit- oder ein berufsbegleitendes Studium aufnehmen wollen und eine besondere Leistungsfähigkeit bzw. ein besonderes Talent in Ausbildung und/oder Beruf gezeigt haben. Ein Vollzeitstudium wird mit 1.014 Euro im Monat gefördert, ein berufsbegleitendes Studium mit 2.900 Euro jährlich. Mehr dazu hier.Weiterbildungsstipendium des Bundes
Kommt für besonders leistungsfähige und begabte Absolventen eines bundesgesetzlich geregelten Gesundheitsfachberufes in Betracht, die noch unter 25 bzw. 28 Jahre alt sind und berufsbegleitend studieren möchten. Mehr dazu hier.Deutschlandstipendium
Seit dem Sommersemester 2011 werden Stipendien im Rahmen des Deutschlandstipendiums von den Hochschulen vergeben. Besonders leistungsfähige und talentierte Studierende können auf Antrag 300 Euro monatlich als Zuschuss erhalten. Einkommen und Alter spielen keine Rolle. Mehr dazu hier.Bildungskredit des Bundes
Ein zinsgünstiger Kredit für Studierende ab dem 3. Semester in Höhe von maximal 7.200 Euro, der einkommensunabhängig bewilligt wird, allerdings darf man noch nicht über 36 Jahre alt sein. Mehr dazu hier.KfW-Studienkredit und sonstige Kredite für Studierende
Einfach mal hier gucken, was es so alles gibt. Vorsicht aber mit den Zinsen!Wohngeld
Ist vor allem dann eine mögliche Finanzierungsquelle, wenn du kein BAföG erhalten kannst, weil du zu alt bist, ein Teilzeitstudium absolviert oder das Studium als zweite BAföG-förderungsfähige Ausbildung nicht förderungsfähig ist. Mehr dazu hier.