Schummeln lohnt nicht!Wie kontrolliert das BAföG-Amt Angaben im Antrag?

1. Was muss das Amt überhaupt kontrollieren?
Zunächst: Im Zusammenhang mit dem BAföG können Angaben vieler unterschiedlicher Personen eine Rolle spielen. Diese sollten beim Antrag bereits alle aufgeführt worden sein und müssen teilweise auch gleich durch geeignete Unterlagen belegt werden. So z.B. beim Lebenslauf, wenn es um elternunabhängiges BAföG auf Grund längerer Arbeitstätigkeit gehen soll.
Beim Lebenslauf der Antragstellerin bzw. des Antragstellers kann es aber auch darum gehen, ob schon eine oder mehrere BAföG-förderungsfähige Ausbildung (ob Studium oder schulisch) gemacht wurden, wodurch sich u.U. auch ergeben kann, das kein BAföG mehr möglich ist. Diese Ausbildungen einfach wegzulassen wäre auch Betrug – und könnte vom BAföG-Amt übrigens aufgedeckt werden, denn auch die Sozialleistungsträger können befragt werden und denen wird ein Studium automatisch gemeldet.
Für die Höhe des BAföGs entscheidend ist das Vermögen (nur von der BAföG-Antragsteller bzw. dem -Antragsteller) und die Einkommen (von der BAföG-Antragsteller bzw. dem -Antragsteller, aber meist auch den Eltern, dazu wenn vorhanden auch von Ehepartner:in, Geschwister und weiteren Personen, denen gegenüber Antragsteller:in oder Eltern unterhaltspflichtig sein könnten). Insbesondere um diese Kontrolle geht es im Folgenden.
Zu den Details der jeweiligen Einkommen bzw. des Vermögens, also ob beispielsweise das Elterneinkommen überhaupt eine Rolle spielt und daraus folgend überhaupt Einkünfte von Geschwistern relevant sind – bitte in den jeweiligen Artikeln nachlesen, die wir im Folgenden verlinkt haben. Hier im Artikel selbst soll es nur um eine Zusammenfassung der Kontrollmöglichkeiten durch das BAföG-Amt gehen, sofern diese Angaben beim jeweiligen Antrag überhaupt eine Rolle spielen.
BAföG ist eine Sozialleistung des Staates, die denen helfen soll, die auf Grund fehlender finanzieller Mittel sonst auf ein Studium verzichten müssten. Insofern hat der Staat und seine Steuerzahlenden ein Interesse daran, dass sich niemand die Leistungen mit Falschangaben erschleichen kann. Bewusste Falschangaben sind Sozialbetrug.
Gleichzeitig muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass das BAföG in der heutigen Form und Höhe leider in vielen Fällen nicht ausreicht. Das rechtfertigt keinen Betrug, sollte aber Ansporn für politisch interessierte Studierende und die Politik allgemein sein, sich kontinuierlich für Verbesserungen einzusetzen.
2. Kontrolle des Vermögens
Beim BAföG spielt nur das Vermögen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers selbst eine Rolle. Was genau als Vermögen im Sinne des BAföGs zählt, was als Haushaltsgegenstände ausgenommen ist, wie hoch der Freibetrag ist – all das findet sich im Artikel Wie das Vermögen beim BAföG angerechnet wird. Eine Kontrolle findet hier in der Regel im Nachgang über den sogenannten BAföG-Datenabgleich statt, ist im Prinzip aber auch schon früher möglich.
Der BAföG-Datenabgleich wurde Anfang der 2000er eingeführt und hat bei einigen zu hohen Geldstrafen geführt bis hin dazu, dass einzelne sogar vorbestraft wurden und damit weitere Nachteile haben konnten. Inzwischen kommt es nicht mehr so oft zu solch drastischen Strafen. Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil sich herumgesprochen hat, dass diese Kontrolle durchgeführt wird.
Das Vermögen aller anderen Personen, die im Rahmen des BAföG noch eine Rolle spielen können, ist dagegen beim BAföG nicht von Interesse.
3. Kontrolle des Einkommens
Einkommen der BAföG-Empfängerin / des BAföG-Empfängers
Als erstes spielt beim BAföG eigenes Einkommen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers eine Rolle. Im Antrag müssen dazu Angaben gemacht werden und bei vorhandenem Einkommen dann durch entsprechende Belege (Lohnbescheinigung, bei höheren Einkünften auch Steuerbescheid) nachgewiesen werden.
Wenn jetzt jemand auf die vermeintlich schlaue Idee kommt, einfach nichts anzugeben: Das Amt kann bei Bedarf verschiedenen Stellen befragen. Mehr dazu weiter unten, weil diese Möglichkeit sich nicht auf die Antragsteller:in allein bezieht.
Keine Angaben müssen zu Zuwendungen / Unterstützung von Verwandten (Großeltern, Tanten, Onkel …) gemacht werden, wenn diese ohne Gegenleistung erfolgen, also wie ein Geschenk. Nur wenn das Geld gespart wird, kann es natürlich als Vermögen eine Rolle spielen.
Einkommen der Eltern oder von Ehepartner:in
Bei den meisten ist das Einkommen der Eltern der entscheidende Posten, der darüber entscheidet, ob letztendlich BAföG ausgezahlt wird und wieviel. Die Eltern müssen dazu das Formblatt 3 ausfüllen und in der Regel auch ihren Steuerbescheid einreichen. Ist der Steuerbescheid vorläufig, sind spätere Bescheide nachzureichen. Wer bereits verheiratet ist, bei dem gehen die Einkünfte der Ehepartnerin bzw. des Ehepartners noch vor den Eltern in die Berechnung ein.
Nun kann es Fälle geben, in denen tatsächlich kein Steuerbescheid vorliegt und es auch keine Verpflichtung des Elternteiles oder der/des Ehepartners/in gibt, eine Steuererklärung zu machen. Dann reicht vom Antrag her eine entsprechende Erklärung des Elternteils / Ehepartner[…], der das Formblatt ja auch unterschreiben muss und somit für Falschangaben haftet.
Es gibt aber natürlich auch die Konstellation, dass die Eltern oder ein Elternteil sich weigern, das Formblatt 3 auszufüllen.
Wenn schließlich nötig, kann das BAföG-Amt auch in Bezug auf die Eltern oder Ehepartner:in verschiedene Stellen befragen – siehe weiter unten. Das wird es aber vermutlich nur tun, wenn es Grund dazu gibt. Solange die Eltern / die/der Ehepartner:in selbst das Formblatt 3 ausgefüllt und ausreichend belegt haben, dürfte kein Grund dazu vorliegen.
Einkünfte der Geschwister, eigener Kinder oder weiterer unterhaltsberechtigter Personen
Auch die Einkünfte (neben Einkommen aus abhängiger oder selbständiger Beschäftigung können das auch Unterhaltsleistungen Dritter sein) der Geschwister, eigener Kinder oder anderer Personen, denen die leiblichen Eltern oder der/die Antragsteller:in selbst gegenüber unterhaltspflichtig ist oder sein könnte, können eine Rolle beim BAföG spielen. Denn für all diese kann es zusätzliche Freibeträge auf das Einkommen der Eltern bzw. Antragsteller:in geben und diese Freibeträge würden wiederum durch eigene Einkünfte der Personen vermindert oder vollständig zunichte gemacht.
Daher erstrecken sich zumindest einige der im folgenden Absatz genannten Auskunftsmöglichkeiten auch auf diese Personen.
4. BAföG-Amt kann unter anderem Finanzamt, Sozialleistungsträger und Arbeitgeber befragen
Grundsätzlich wird das BAföG-Amt sich auf die Angaben der Antragstellerin bzw. des Antragstellers und der Eltern verlassen. Diese müssen meist belegt werden, so dass für vieles sowieso schon mehr oder weniger offizielle Unterlagen vorliegen. Doch das BAföG-Amt kann eben auch mehr tun. Wann und wie genau es das tut, lässt sich nicht sicher voraussagen. Erfahrungen aus der Vergangenheit sind dabei wenig hilfreich, denn auch wenn die Digitalisierung in Deutschland langsam vorangeht – sie kann Kontrollen vereinfach und plötzlich werden Dinge standardmäßig für alle kontrolliert, die lange nur selten in Augenschein genommen wurden. Rechtlich gesehen ist jedenfalls eine umfassende Kontrolle möglich.
Das BAföG ist laut SGB I § 68 besonderer Teil des Sozialgesetzbuches. Damit gelten aber auch – wo nicht durch Regelungen im BAföG-Gesetz selbst explizit anderes vorgesehen ist – die Regelungen des SGB X zum Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz.
Damit ist das Steuergeheimnis aus § 30 Abgabenordnung (AO) insoweit teilweise aufgehoben, da – wie in § 30 Abs. 4 AO aufgeführt eine „Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten […] zulässig [ist], soweit […] sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist“. Und genau das ist der Fall, denn § 21 SGB X Absatz 4 lautet:
Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.
Es ist auch eine Kontenabfrage nach § 93 Abs. 8 Abgabenordnung (AO) möglich. Meist bezieht sich diese auf die BAföG-Empfängerin oder den -Empfänger. Sie kann aber auch oder stattdessen die Eltern oder die/den Ehepartner:in bzw. Lebenspartner:in betreffen. Hierüber erfährt das Amt über die Existenz aller Konten und kann dann bei Bedarf auch den Kontostand zu bestimmten Stichtagen über die jeweiligen Kontoinhaber:in anfordern.
Welche Daten von wem zu welchen Zwecken bei Bedarf angefordert (oder an wen weitergeleitet) werden, wird auch im „Hinweisblatt zum Datenschutz“ (Stand 9/2020) aufgeführt, das als Ergänzung zu den BAföG-Formblättern bereitsteht. Dort wird neben dem Finanzamt und der Kontenabfrage u.a. auch noch der Arbeitgeber, die zuständigen Sozialleistungsträger, die Rentenstellen, die Agentur für Arbeit / Jobcenter, die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen der deutschen Rentenversicherung (ZfA) und das Bundesverwaltungsamt (BVA) genannt.