28. BAföG-Änderungsgesetz beschlossenNotfallmechanismus für zu wenig Notfälle
Warum überhaupt ein Notfallmechanismus im BAföG?
Hintergrund des Notfallmechanismus sind die Erfahrungen aus dem Anfang der Corona-Pandemie ab März 2020. Damals brachen kurzfristig sehr viele Nebenjobs weg und viele Studierende hatten so schlagartig zu wenig Geld. Von verschiedenen Seiten wurde seinerzeit gefordert, dass BAföG zeitweise für mehr Studierende zu öffnen. Darauf wurde damals vom CDU-geführten Bundesbildungsministerium verzichtet und nach Monaten eine Überbrückungshilfe installiert, die zwar einigen geholfen hat, aber noch mehr Kritik hervorgerufen hat. So mussten die Antragsteller ziemlich viele Angaben machen und ihre Finanzen offenlegen – und sonderlich hoch war die Hilfe nicht: höchstens 500 €, sofern man schon Schulden oder nicht einmal mehr 100 € auf allen eigenen Konten hat.
Die neue Bundesregierung wollte stattdessen die Idee, das BAföG in solchen Notlagen zu öffnen, aufgreifen. Das ist durchaus positiv.
Aber wie so oft: Die Umsetzung blieb auf halber Strecke stehen und wurde daher von vielen als nicht ausreichend kritisiert. Insbesondere das Deutsche Studentenwerk, der studentische Dachverband fzs oder auch die GEW hatten darauf hingewiesen, dass die Notlage zu eng definiert sei. Denn als Notlage gilt nur eine Situation, in der „erhebliche Nachfrageeinbrüche auf dem Arbeitsmarkt für ausbildungsbegleitende Erwerbstätigkeiten“ bestehen. Hohe Inflation und insbesondere stark steigende Preise für Studentenzimmer und -Wohnungen sind demnach keine Notlage im Sinne des 28. BAföG-Änderungsgesetzes.
Ein weiterer Kritikpunkt: Der Notfallmechanismus sieht nichts vor für internationale Studierende, die (nur) zum Studium nach Deutschland gekommen sind und nach § 8 BAföG von einer Förderung ausgeschlossen sind. Bei der Nothilfe 2020 waren dagegen auch internationale Studierende antragsberechtigt und nach den bekannten Auswertungen danach auch ein relevanter Teil derer, die tatsächlich die Nothilfe erhielten (dazu haben auch viele ausländische Studierende den KfW-Studienkredit genutzt, der damals zeitweise auch für sie geöffnet wurde).
Von diesen beiden Haupt-Kritikpunkten abgesehen gilt weiterhin noch, dass der Notfallmechanismus nur einen Rahmen vorgibt. Selbst dieser (aus Sicht vieler ja sowieso schon zu eng definiert) muss im konkreten Fall nicht vollständig ausgeschöpft werden. So kann beispielsweise der Höchstbetrag der Förderung geringer als beim BAföG ausfallen.
Forderung nach Ausweitung wurden von Koalition ignoriert
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) hatte am Tag des Bundestagsbeschlusses in einer Pressemitteilung nochmals eine Ausweitung des Notfallmechanismus gefordert. DSW-Generalsekretär Matthias Anbuhl erklärte:
„Der vorliegende Gesetzentwurf für eine 28. BAföG-Novelle greift […] zu kurz: […] Gerade die aktuellen, multiplen Krisen, wie die Inflation und die Energiepreis-Krise, zeigen aber, dass der Notfall weiter gefasst werden muss. […] Wenn der BAföG-Notfall erst beschlossen werden könnte, wenn eine Rezession eingetreten und infolgedessen der studentische Arbeitsmarkt zusammengebrochen ist, ist das zu spät. […]“
“Wichtig ist, dass die konkrete Ausgestaltung des Notfall-BAföGs realistisch und studierenden-freundlich ist: Es sollten mindestens 500 Euro monatlich als Zuschuss ausbezahlt werden, was der Höhe des geplanten Bürgergelds entspricht, und ausländische Studierende in Deutschland müssen es auch beantragen können. Auch muss er jenen Studierenden offenstehen, die über der Regelstudienzeit liegen.“
Doch zu einer solchen Erweiterung wird es aller Erfahrung erst einmal nicht kommen: Die Anträge, die für den heutigen 2. und 3. Lesung des 28. BAföG-Änderungsgesetzes vorliegen, sehen von Koalitionsseite keine Änderungen vor. Im Gegenteil: Im Bericht des federführenden Ausschusses wird die Einschätzung der Bundesregierung wiedergegeben, die einer Ausweitung eine Absage erteilt. Demnach sieht das die Bundesregierung so:
„Insbesondere sei der Nothilfemechanismus kein Instrument, um allgemein steigende Lebenshaltungskosten abzufedern, die man derzeit aufgrund der Inflation erlebe. Dafür gebe es andere Instrumente wie die Erhöhung der BAföG-Sätze. […] Auch seien Instrumente wie der Heizkostenzuschuss bereits umgesetzt. Zudem sei in diesem Zusammenhang auf die Planung des dritten Entlastungspakets hinzuweisen. Darüber hinaus gebe es, für den Fall, dass das Elterneinkommen aus krisenbedingten Gründen wegfalle, bereits das Instrument des Aktualisierungsantrags, wodurch schnelle Hilfe im Rahmen etablierter Prozesse ermöglicht werde.“
Und auch von den drei Parteien der Koalition gehen die Bewertungen in eine ähnliche Richtung. Bei Interesse sei die Lektüre der Drucksache 20/3589 empfohlen, die Einschätzungen von Bundesregierung und Parteien im Bundestag finden sich auf Seite 7 ff.
Notfallmechanismus im BAföG-Gesetz
Im wesentlichen (an einigen wenigen anderen Stellen im Gesetz müssen lediglich einige Verweise ergänzt oder angepasst werden) ist der Notfallmechanismus der neue § 59 im BAföG-Gesetz. Er gibt dem Rahmen vor, der im real eintretenden (und vom Bundestag festzustellenden) Notfall durch eine Verordnung im Detail geregelt werden muss.