Widerspruch, Klage und andere MöglichkeitenBAföG-Bescheid mit Fehlern?
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Eberhard Zeeb, München
Antrag abgelehnt? Manchmal lässt sich das noch ändern!
Gegen einen ablehnenden oder teilweise ablehnenden BAföG-Bescheid können die Betroffenen entweder Widerspruch einlegen oder beim zuständigen Verwaltungsgericht klagen.
Vieles lässt sich schon mit einer einfachen Änderungsmitteilung erledigen – ganz ohne Widerspruch
Nach einer Auskunft des Studentenwerks München werden vielfach Widersprüche eingelegt, die von den Ämtern wie „Änderungsmitteilungen“ (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) behandelt werden. Hierzu zählen z. B. Änderungen der Wohnsituation oder der BAföG-berechtigten Geschwister. Ist das Einkommen der Eltern bzw. des Ehegatten des Auszubildenden im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlicher niedriger als im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums (§ 24 Abs. 1 BAföG), kann ein sogenannter „Aktualisierungsantrag“ nach § 24 Abs. 3 BAföG gestellt werden.
Generell haben die BAföG-Ämter zahlreiche Möglichkeiten, Bescheide nachträglich abzuändern. Ein Widerspruch ist nur selten erforderlich. Gibt es grundlegend unterschiedliche Rechtsauffassungen zu einer Frage, die Einfluss auf den Bezug von BAföG hat, dürften diese überwiegend erst vor dem Verwaltungsgericht geklärt werden können.
Unterschiede in den Bundesländern: Meist zunächst Widerspruch, manchmal gleich Klage nötig
Welche Vorgehensweise im konkreten Fall die richtige ist, ergibt sich aus der Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelbelehrung, die am Ende des Bescheides zu finden ist. In einigen Bundesländern wurde das Widerspruchsverfahren (auch Vorverfahren genannt) aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung abgeschafft. Dort muss also sofort geklagt werden. In anderen Ländern können die Betroffenen wählen, ob sie Widerspruch einlegen oder sofort klagen wollen. In Bayern beispielsweise gilt dies u. a. auch für das Ausbildungs- und Studienförderungsrecht (Artikel 15 Abs. 1 Nr. 4 BayAGVwGO). In Nordrhein-Westfalen bleibt es beim zwingenden Vorverfahren für BAföG-Bescheide, soweit diese von BAföG-Ämtern erlassen werden, die bei staatlichen Hochschulen oder bei Studentenwerken eingerichtet wurden. Das betrifft alle Bescheide, die das Studierenden-BAföG betreffen. Beim Schüler-BAföG, für dessen Bewilligung die Städte und Landkreise zuständig sind, gibt es dagegen in NRW kein Vorverfahren mehr.
Ein Widerspruch ist normalerweise an die Ausgangsbehörde zu richten, also das Studentenwerk, die Stadt oder den Landkreis. Die Behörde prüft dann, ob sie dem Widerspruch abhelfen kann. Hält sie ihn für begründet, ändert sie den Bescheid ab. Andernfalls legt sie den Widerspruch der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor. Das ist in BAföG-Fällen wiederum das BAföG-Amt. Der Grund: Die Studentenwerke sind – von wenigen Ausnahme abgesehen – Anstalten des öffentlichen Rechts, also weitgehend selbstständige Institutionen. Über ihnen stehen direkt die Kultusministerien der Länder, also oberste Landesbehörden. Widerspruchsbehörde ist in dieser Konstellation die Behörde, die den Ausbildungsbescheid erlassen hat.
Es liegt deshalb auf der Hand, dass Widersprüche, die beim Studentenwerk eingelegt werden, so gut wie nie eine Chance auf Erfolg haben, es sei denn, dass in der Widerspruchsbegründung gewichtige neue Tatsachen vorgetragen werden können. Eine Rechtsauffassung, die von der des Studentenwerks abweicht, sollte dagegen gleich in einer Klage zum Verwaltungsgericht vorgetragen und nicht etwa in einer Widerspruchsbegründung nochmals wiederholt werden.
In bestimmten Fällen kann Rücknahme des Bescheids verlangt werden – auch nach Ablauf der Frist zu Widerspruch (oder Klage)
Hat das BAföG-Amt einen ablehnenden oder teilablehnenden Bescheid (oder einen Rückforderungsbescheid bei den Datenabgleichs-Fällen) erlassen und dabei einen bestimmten Sachverhalt nicht berücksichtigt, kann dieser auch dann noch vorgebracht werden, wenn die Widerspruchs- oder Klagefrist abgelaufen ist. Geregelt ist dies in § 44 des X. Sozialgesetzbuchs: Das BAföG-Amt muss einen „rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt“ zurücknehmen, wenn sich nach dessen Erlass ergibt, dass „das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist“. Dabei darf der Fehler jedoch nicht darauf zurückgehen, dass man als Antragsteller vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Die Zurücknahme hat mit Wirkung für die Vergangenheit zu erfolgen. Zuständig ist die Ausgangsbehörde, also das jeweilige BAföG-Amt.
Durch § 44 SGB X wird die praktische Bedeutung des Widerspruchsverfahrens enorm relativiert. Des Weiteren kann die Ausgangsbehörde selbst dann gezwungen werden, sich mit der Angelegenheit zu befassen, wenn kein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist. Einen Antrag auf Rücknahme kann die Behörde nicht ignorieren. Reagiert sie nicht innerhalb einer angemessenen Frist, kann Klage zum Verwaltungsgericht erhoben werden.
Wenn es nicht um Rücknahme des Bescheides geht: Frist von einem Monat einhalten!
Der Widerspruch muss grundsätzlich innerhalb eines Monats bei der Ausgangsbehörde oder bei der Widerspruchsbehörde eingehen. Die Frist beginnt allerdings nur zu laufen, wenn der Ausgangsbescheid mit einer vollständigen fehlerfreien Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist. Fehlt diese Belehrung völlig oder ist sie inhaltlich unrichtig, verlängert sich die Frist auf ein Jahr. Auch die Frist zur Klageerhebung beträgt einen Monat. Gegen einen am Dienstag, den 10.01.2017, zugestellten Bescheid müsste demzufolge spätestens am Freitag, 10.02.2017, Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben werden.
Inhaltlich werden nur geringe Anforderungen an ein Widerspruchsschreiben gestellt. Es ist nicht einmal eine Begründung erforderlich. Trotzdem ist es natürlich ratsam, diese beizufügen. Die Behörde muss von Amts wegen den Bescheid in vollem Umfang überprüfen.
Erstaunlich: Was die häufigsten Gründe für einen Widerspruch sind
Nach Auskunft des Studentenwerks München werden etwa zwei Drittel aller Widersprüche zurückgewiesen, in den übrigen Fällen kommt es zur Aufhebung oder Abänderung des Bescheids. Die meisten Widersprüche beziehen sich auf die Frage, ob und in welchem Umfang Einkommen der Eltern und der Ehegatten anzurechnen ist. Dabei ist häufig nicht bekannt, dass – anders als im Steuerrecht – negative Einkünfte nicht zu berücksichtigen sind.
Erstaunlicherweise richtet sich ein großer Teil der Widersprüche gegen Bescheide, in denen der BAföG-Antrag abgelehnt wurde, weil Unterlagen fehlten. In diesen Fällen gewährt das BAföG-Amt nach Einlegung des Widerspruchs eine Frist von vier Wochen, um die Unterlagen nachzureichen. Einer Begründung, weshalb die Unterlagen nicht fristgerecht vorgelegt wurden, bedarf es nicht.