Normenkontrollrat legt Bericht vorBald einfachere BAföG-Anträge möglich?
Nicht mal eben so erledigt: Das Ausfüllen der BAföG-Antragsformulare
Erhoben wurde im Rahmen des Projektes "Einfacher zum Studierenden-BAföG" sowohl der Zeitaufwand für das Ausfüllen des Antrages auf Seiten der Studierenden als auch der Zeitaufwand der Ämter, die Anträge zu bearbeiten. Auch die Dauer, bis der Bescheid ergeht, wurde ermittelt.
Studierende brauchen über fünf Stunden für den Erstantrag
Die ermittelten Werte (es wurden dazu insgesamt 683 Studierende befragt) sind wenig erfreulich. Um den Erstantrag auszufüllen, benötigen die Studierenden im Schnitt 5 Stunden und 35 Minuten (die schnellsten mit einfachen Fallkonstellationen schaffen es in einer Stunde, die schwierigen Fälle brauchten über 25 Stunden). Beim Folgeantrag geht es mit 4 Stunden und 21 Minuten im Schnitt immerhin etwas schneller (wobei Einzelfälle hier sogar noch länger als beim Erstantrag brauchen; möglicherweise bedingt durch Dinge wie den Leistungsnachweis nach dem 4. Semester).
Geht es um BAföG für ein Auslandsstudium, so dauert der Antrag nochmals 80 Minuten länger (also bei einem Erstantrag ganze 6 Stunden und 55 Minuten).
Am zeitaufwändigsten ist das Formblatt 1 mit den Angaben der Antragstellerin bzw. des Antragstellers. Dafür werden beim Erstantrag durchschnittlich bereits 2 Stunden und 20 Minuten benötigt. Für Formblatt 3 (Erklärung der Eltern zu ihrem Einkommen) werden im Schnitt 1 Stunde und 9 Minuten benötigt. Wobei manche Eltern mit 10 Minuten auskommen und andere über 6 Stunden benötigen. Kein Wunder: Gibt es mehrere Geschwister und haben die Eltern komplexe Einkommenslagen (z.B. teilweise selbständig, teilweise angestellt) oder liegen besondere Härtefälle vor, so ist die Sache deutlich komplizierter, als wenn es nur einen angestellten Verdiener und keine Geschwister gibt.
Neben den Formblatt 6 (Auslandsförderung) ist ansonsten noch das Formblatt 7 (Aktualisierungsantrag) zeitaufwändig mit etwas über einer Stunde.
Schließlich wurde noch die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit abgefragt. Zwar finden über 60 Prozent der Befragten den Antrag (also die Formblätter) übersichtlich. Mit der Verständlichkeit hapert es aber: Fast 50% finden ihn in Teilen unverständlich. Die größten Probleme macht dabei Formblatt 3 (Erklärung der Eltern zu ihrem Einkommen).
BAföG-Ämter brauchen für die Bearbeitung weniger Zeit
Im Schnitt (und ohne etwaige Beratungszeiten) brauchen die Ämter lediglich 1 Stunde und 4 Minuten, um einen BAföG-Erstantrag zu bearbeiten. Bei Auslandförderung schnellt die Bearbeitungszeit allerdings schon auf fast 3 Stunden hoch. Drastisch fallen auch die Unterschiede je nach Amt aus. Unter den betrachteten 14 BAföG-Ämtern schaffte das schnellste einen Erstantrag im Schnitt in 49 Minuten, das langsamste benötigte 103 Minuten.
Die starken Differenzen ergeben sich u.a. durch unterschiedliche Softwaresysteme (diese unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, wobei einige Länder zusammenarbeiten), die für die Bearbeitung eingesetzt werden und mehr oder weniger Hilfen für die BearbeiterInnen bieten. Desweiteren prüfen offenbar einige Ämter sehr viel im Detail, andere belassen es bei Stichproben.
Wobei die durchschnittliche Bearbeitungszeit noch nichts darüber sagen, wie lange AntragstellerInnen darauf warten müssen, bis ihr Antrag jeweils bearbeitet ist. Da sich die Anträge zu bestimmten Zeiten im Jahr häufen, stauen sich Anträge auf. Von Antragstellung bis Bescheid vergehen daher im Schnitt fast zwei Monate (54 Tage). Im Einzelfall seien es bis zu ein halbem Jahr.
Verbesserungsvorschläge (und ihre Schwierigkeiten)
Nationaler Normenkontrollrat
2006 durch Bundesgesetz eingerichtetes Expertengremium, dass die Bundesregierung dabei unterstützen soll, die durch Gesetze verursachten Bürokratiekosten zu senken. Neben der Bestandsaufnahme bei bestehenden Gesetzen soll vor allem bei neuen Gesetzentwürfen geprüft werden, ob sie zur Verringerung von Bürokratiekosten beitragen. Der Normenkontrollrat muss bei neuen Gesetzentwürfen beteiligt werden, seine Vorschläge sind jedoch unverbindlich.
www.normenkontrollrat.de
Naheliegend ist es, die Arbeit der schnelleren Ämter genauer zu betrachten und wo möglich deren "Vollzugsprozesse" (wie es amtlich so schön heißt) auch auf andere zu übertragen. Schließlich liegt es im Interesse aller, die Anträge so schnell wie möglich bearbeitet zu bekommen. Das ist auch ein Ansatz des Normenkontrollrates in seinem Bericht.
Vereinfachungen würden sich durch Pauschalisierungen einiger Posten im BAföG ergeben. Möglich wäre dies – auch das findet sich im Bericht – beim Punkt Mietkosten, der sicherlich einige Arbeit für den Nachweis bei Antragstellern wie auch bei der Prüfung durch die SachbearbeiterInnen im Amt macht. Allerdings hat jeder Pauschalierung ihre zwei Seiten (egal ob beim BAföG oder bspw. bei ALG II). Das Antragsverfahren wird durch Pauschalen sicher vereinfacht und dadurch hoffentlich beschleunigt. Wer auch noch an dieser Stelle persönlich wenig Kosten hat, fährt durch die Pauschale auch als EmpfängerIn besser. Da Pauschalen aber nie den höchsten denkbaren und an sich auch noch gerechtfertigten Betrag umfassen (da dann die Kosten doch zu sehr steigen würden), gibt es immer welche, die durch Pauschalen schlechter gestellt werden.
Gerade bei Mietzuschlag des BAföG stellt sich sogar die Frage, ob man nicht vollkommen anders vorgehen sollte und je nach Stadt verschiedene Pauschalen zuweisen sollte. Denn die Mieten sind in München einfach deutlich teurer als bspw. in Görlitz. Um es den Ämtern einfacher zu machen, könnte man auch Pauschale je Amt vergeben. Dann wäre der Aufwand für das Amt gering, nur müsste eine Stelle regelmäßig diese Pauschalen festlegen.
Online ist alles besser?
Besonders viel scheint sich der Normenkontrollrat davon zu versprechen, die Antragstellung zukünftig online abzuwickeln. Ein Pilotprojekt hat dazu an einigen BAföG-Ämtern in Bayern stattgefunden, dass ab April in ganz Bayern zur Verfügung stehen soll (www.bafoeg-bayern.de).
Allerdings sieht man dort auch schon Grenzen: Umgesetzt ist nur das Formblatt 1, alle anderen Formblätter müssen weiterhin klassisch ausgefüllt werden. Davon abgesehen, dass beim Sammeln der Nachweise auch ein Online-Antrag nichts helfen kann: Kopien der relevanten Unterlagen müssen so oder so weiterhin postalisch oder persönlich eingereicht werden.
Am Rande bemerkt
Im Bericht des Normenkontrollrates findet sich auch der Vorschlag von Studierenden "den seit einiger Zeit nur noch teilweise gepflegten BAföG-Rechner im Internet zu überarbeiten". Dazu kann man nur sagen: Einen offiziellen BAföG-Rechner gibt es nicht mehr, das BMBF hat ihn bereits Anfang 2009 abgeschaltet (wie es zur Formulierung "teilweise gepflegt" kommt, ist daher fraglich). Aber Studis Online selbst bietet einen durchaus bewährten BAföG-Rechner schon seit 10 Jahren an und entwickelt ihn ständig weiter. Und wir sind für Fragen via Forum oder im Falle des Rechners gern auch per Mail immer ansprechbar. Der Punkt ist also eigentlich nicht dringlich ;-)
Da für die Durchführung des BAföG-Gesetzes die Bundesländer zuständig sind und diese unterschiedliche Software in ihren Ämtern einsetzen, wird es zu einer bundeseinheitlichen Lösung an dieser Stelle prinzipiell nicht kommen. Denn dass hier jemals eine Vereinheitlichung stattfindet, ist leider ziemlich unwahrscheinlich. So werden die Online-Anträhge in jedem Bundesland zwar als Formblatt-Kopie gleich aussehen, alle anderen Details (z.B. zusätztliche Hinweise als Ausfüllhilfen, Fehlermeldungen, Möglichkeit zum Speichern der Eingaben) werden variieren. Optimal ist das nicht.
Aber immerhin würde ein (funktionierender) Online-Antrag dazu führen, dass die Daten gleich grob durch die Software geprüft werden und - so denn soweit alles korrekt ist - direkt ans Amt gehen können, dass sich die Übertragung aus dem Papier-Antrag ins Computersystem sparen kann.
Kleinvieh macht auch Mist
Neben diesem wirklich großen Projekt eines Online-Antrages (der wohl nur teilweise und nicht in allen Bundesländer Realität werden wird) enthält der Bericht des Normenkontrollrates aber auch noch viele Detailvorschläge, auf die hier nicht eingegangen wird, die aber - so sie alle sinnvoll umgesetzt würden - in der Summe auch einiges bringen würden. So werden viele Details in den Formblätten angesprochen, die unnötige Probleme erzeugen und relativ leicht verbessert werden könnten.
Es besteht also Hoffnung, insbesondere da der Bericht insoweit passend erscheint, als ja in den nächsten Monaten das nächste BAföG-Änderungsgesetz diskutiert und beschlossen werden soll.
Materialien und weitere Hintergründe