Viele Veränderungen23. BAföG-Änderungsgesetz
[Überarbeitung am 27.10.] Der Bundesrat hat leider erst am 15.10.2010 seine Zustimmung zum 23. BAföG-Änderungsgesetz gegeben, so dass bspw. SchülerInnen im August und September noch nicht davon profitieren konnten. Alle im folgenden dargestellten Regelungen gelten nun aber - wenn nichts anderes dabeisteht - seit 01.10.2010.
Studium - Geld - BAföG (und bald vielleicht noch ein "nationales Stipendienprogramm") - leider ist die Studienfinanzierung in Deutschland ein durchaus kompliziertes Puzzle.
Parallel zum BAföG-Änderungsgesetz wurde vom Kabinett auch das Nationale Stipendienprogramm auf den Weg gebracht. Dieses wird entgegen der ursprünglichen Planung erst zum Sommersemester 2011 und mit deutlich geringerem Umfang starten. Darauf gehen wir in diesem Artikel nicht weiter ein, mehr zu den Hintergründen und der Kritik daran findet sich im Artikel Stipendien für 10% der Studierenden?
Zurück zum BAföG: Der Gesetzentwurf bringt eine Menge Änderungen. Darunter einige, die man uneingeschränkt als positiv bezeichnen muss. So manches hätte man nicht unbedingt von einer CDU/CSU-FDP-Regierung erwartet, so die Verbesserungen bei einem Fachrichtungswechsel oder dem Schüler-BAföG. Einiges davon läuft unter dem Stichwort Senkung der Bürokratiekosten, was freundlicherweise hier nicht mit einer Senkung der Förderung einhergeht.
Die wesentlichen Änderungen in der Kurz-Übersicht
(direkt verlinkt mit den Absätzen, in denen ausführlich darauf eingegangen wird)
Anhebung der Altersgrenze bei Studienbeginn auf 35 Jahre (nur bei Master-Studium)
Überschreitung der Altersgrenze bei Kindererziehung leichter
Leistungsstipendien werden bis 300 Euro/Monat nicht mehr angerechnet
Mehr Geld für alle – aber nicht wirklich viel
Wie schon seit längerem zu hören, soll die Erhöhung der Bedarfssätze 2% betragen, die Freibeträge werden um 3% erhöht. Das ist nicht wirklich viel (vgl. auch unsere Kritik am Ende des Artikels), aber immerhin eine Erhöhung. Zwischen 2002 und 2008 gab es keinerlei Erhöhung – obwohl in diesem Zeitraum immer die SPD mit an der Regierung beteiligt war, die das BAföG in den 1970ern überhaupt erst eingeführt hatte.
Auch wenn die Erhöhung für alle, die schon den Höchstsatz bekommen, eher gering ausfällt, kann die Erhöhung für andere, die bisher nur einen Teil (oder gar kein) BAföG bekommen, deutlicher ausfallen. Im Einzelfall können sogar Erhöhungen über 100 Euro/Monat herauskommen.
Studierenden-BAföG | Bei den Eltern wohnend | Nicht bei den Eltern wohnend |
Grundbetrag [Grundbedarf und Wohnpauschale] | 422 € (414 €) | 597 € (512 €) |
Wohnzuschlag | - | - (bis zu 72 €) |
Krankenversicherungszuschlag | 62 € (54 €) | |
Pflegeversicherungszuschlag | 11 € (10 €) | |
Möglicher Höchstbetrag | 495 € (478 €) | 670 € (648 €) |
Um die Prozente etwas konkreter zu machen: In der Tabelle finden sich die bisherigen Werte (in Klammern) und die geplanten (fett).
Der Bedarfssatz für eine eigene Krankenversicherung wird deutlich angehoben, nämlich von 54 auf 62 Euro. Dazu kommen zukünftig 11 Euro für die Pflegeversicherung (bisher 10 Euro). Beides aber ja nur, wenn keine Familienversicherung mehr möglich ist. Die Erhöhung wird allerdings vor allem deswegen nötig, weil auch die studentische Krankenversicherung entsprechend teurer werden wird (da künftig der Mietkostenzuschlag pauschal für alle nicht mehr bei den Eltern wohenden Studis gewährt wird, ändert sich die fiktive Bemessungssatz für die Krankenversicherung sehr stark).
Da Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag nur die Steigerung ausgleichen, die bei den realen Beträgen kommen werden, bleibt im Geldbeutel eines BAföG-Empfängers letztlich nur die Erhöhung beim Grundbetrag wirklich hängen. Also nur 8 Euro, wenn er bei den Eltern wohnt und von 13 bis 85 Euro, wenn er nicht mehr bei den Eltern wohnt (abhängig von seinen Mietkosten, vgl. auch nächsten Punkt).
Mietkostenzuschlag wird unabhängig von konkreter Miethöhe
So entfällt die Prüfung der Mietkosten beim Wohnkostenzuschlag. Wer nicht bei den Eltern wohnt, bekommt ihn zukünftig in voller Höhe. Das wird vor allem die (allerdings nicht wirklich vielen) freuen, die tatsächlich günstigere Wohnmöglichkeiten haben. Alle anderen verlieren auch nichts (im Gegenteil: Auch der Wohnkostenzuschuss wird im Rahmen der prozentualen Erhöhung der Bedarfssätze angehoben). Die Antragsteller sparen sich den Nachweis der Mietkosten, die Ämter die Prüfung desselben.
Der Mietzuschlag bleibt trotzdem ein Schwachpunkt des BAföGs, mehr dazu weiter unten bei "Was fehlt?".
"Bologna-Anpassungen": Anhebung der Altersgrenze auf 35 Jahre bei Studienbeginn Master und ausreichende Zahl von Credit Points als Leistungsnachweis
Überfällig war die Möglichkeit, zukünftig den Leistungsnachweis allein auf Grund der erworbenen Leistungspunkte (ECTS) führen zu können. Im Gegensatz zu heute wird es also problemlos möglich sein, Leistungen aus höheren Semestern vorzuziehen und andere aufzuschieben, solange man nur auf für die Zahl der Semester ausreichende Zahl von Credit Points kommt.
Die allgemeine Altersgrenze von 30 Jahren bleibt zwar bestehen, wird aber immerhin für Master-Studiengänge auf 35 angehoben. Zukünftig kann man also auch mit 29 einen Bachelor anfangen und danach auch den Master gefördert bekommen.
Echtes BAföG statt Bankdarlehen bis zum Ende der Förderungsdauer auch nach erstem Fachrichtungswechsel
Bisher war es bei einem Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund so, dass am Ende des neuen Studiengangs nur noch ein BAföG-Bankdarlehen möglich war. Nun wird es - sofern es der erste Fachrichtungswechsel ist - auch für die zusätzlichen Semester das "echte" BAföG geben, also zu 50% einen Zuschuss und zu 50% ein zinsloses Staatsdarlehen.
Überschreitung der Altersgrenze bei Kindererziehung leichter
Auch bisher konnte man ein Studium mit über 30 noch durch BAföG gefördert bekommen, wenn man bspw. durch Kindererziehung an einer früheren Aufnahme gehindert wurde. Wobei es nicht ausreichte, dass man mit 29 ein Kind bekam und deswegen erst mit 31 ein Studium anfangen konnte, sofern man vor der Geburt bspw. jahrelang arbeitstätig war und insofern schon damals das Studium hätte aufnehmen können.
Mit der Gesetzesänderung soll das nun anders werden: Nun werden Erziehungszeiten (während denen höchstens 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt gearbeitet werden darf; bei Alleinerziehenden ist selbst das nicht nötig) von Kindern unter 10 Jahren pauschal auf die Altersgrenze angerechnet, d.h. es kann entsprechend später mit einem Studium begonnen werden. Oder wie es im Amtsdeutsch heißt: " Der bisher notwendige Kausalzusammenhang zwischen Kindererziehung und späterer Aufnahme der Ausbildung für das Hinausschieben der Altersgrenze wegen Kindererziehungszeiten entfällt."
Höhere Freibeträge beim Elterneinkommen (und ebenso bei EhepartnerIn oder eingetragener/m LebenspartnerIn)
Auch beim BAföG ist nun die eingetragene Lebenspartnerschaft angekommen. Sie wird im BAföG zukünftig gleich behandelt wie ein verheiratetes Paar, d.h. das Einkommen eines eingetragenen Lebenspartners wird künftig angerechnet.
Von den positiven Einkünften der Eltern (oder PartnerIn) wird zunächst die Sozialpauschale abgezogen. Sie wird für ArbeitnehmerInnen von 21,5% auf 21,3% gesenkt, der Höchstbetrag, der abgezogen werden kann von 10.400 auf 12.100 Euro erhöht. RentnerInnen und Beamte werden 14,4% (statt bisher 12,9%) Abzug gewährt, höchstens 6.300 Euro (bisher 5.100 Euro). Selbständige dürfen künftig 37,3% abziehen, ihr Höchstbetrag steigt von 16.500 auf 20.900 Euro.
Die Freibeträge auf das Einkommen der Eltern werden um je ca. 3% angehoben. Der Grundfreibetrag für verheiratete Eltern steigt so von 1555 auf künftig 1605 Euro (bei getrennten Eltern je 1070 Euro statt bisher 1040 Euro).
Je Kind der Eltern (das nicht selbst BAföG oder BAB erhalten kann) wird der Freibetrag um 485 Euro (bisher 470 Euro) erhöht. Für sonstige Unterhaltsberechtige steigt der Freibetrag auf 535 Euro (bisher 520 Euro).
Änderung der Auslandszuschläge, kein Sprachweis mehr notwendig
Die Berechnungsgrundlage für die Zuschläge ändert sich deutlich. Es wird dadurch deutliche Veränderungen bei den Zuschlägen für die einzelnen Länder geben. Vor allem dürfte es bei deutlich mehr Ländern keine Zuschläge mehr geben. Dafür gibt es zukünftig den bisher nur im Inland (bei entsprechend hoher Miete) gewährten Mietzuschlag von 72 Euro auch im Ausland (unabhängig von der real gezahlten Miete).
Die neuen Zuschläge finden sich hier (und sind auch im BAföG-Rechner schon enthalten).
Eine Erleichterung ist, dass die Ämter keinen Sprachnachweis mehr fordern. Diese Vereinfachung hat der Bundesrat im Verlauf der Verhandlungen noch ins Gesetz eingefügt - oder viel mehr die bisherige Regelung gestrichen. Die Bundesregierung hatte dies im ersten Entwurf noch nicht vorgesehen.
Verbesserungen beim Schüler-BAföG
Alle SchülerInnen, die eine Ausbildung machen, bei der es BAföG auch beim Wohnen bei den Eltern gibt, können künftig wählen, ob sie lieber in eine eigene Wohnung ziehen: Sie haben Anrecht auf den höheren Bedarfssatz für eine eigene Wohnung, egal wie weit die Schule vom Elternhaus entfernt ist.
Für SchülerInnen, die direkt das Abitur anstreben (also nicht über den zweiten Bildungsweg) oder die eine Schule besuchen, die keinen berufsqualifizierenden Abschluss bietet und auch keinen solchen voraussetzen, bleibt aber das Kriterium der Entfernung einer entsprechenden Schule vom Elternhaus weiterhin entscheidend, ob sie überhaupt BAföG bekommen können. Nur wenn sie also von zu Hause ausziehen müssen, um überhaupt in zumutbarer Zeit ihre Schule zu erreichen, ist ihnen BAföG möglich.
Für alle anderen BAföG-berechtigten SchülerInnen ist die Neuregelung aber sehr angenehm, da der Nachweis entfällt, dass es keine Schule in der Nähe der Eltern gibt (oder in komplizierteren Fällen warum diese einen nicht aufnehmen konnten). Selbst wenn es eine Schule in der Nähe gäbe, haben sie zukünftig die freie Wahl, doch eine andere Schule zu wählen und zu dem Zweck auszuziehen. Dabei sollte aber nie aus dem Blick verloren werden, dass das Schüler-BAföG doch um einiges weniger hoch ausfällt als das BAföG für Studierende, ein Auszug von den Eltern sollte also wohlüberlegt sein.
Auslands-BAföG für SchülerInnen leichter möglich
Auslands-BAföG ist künftig auch für SchülerInnen an (mind. zweijährigen) Fach- und Fachoberschulen möglich (wobei der Auslandsaufenthalt im Unterrichtsplan vorgesehen sein muss!).
SchülerInnen an Gymnasium müssen nicht mehr nachweisen, dass der Auslandsaufenthalt auf die Inlandsschulbildung anrechenbar sei. Damit sollte ein Auslandsaufenthalt ab dem 11. Schuljahr immer möglich sein, auch ein ganzjähriger, nach dem das Schuljahr in Deutschland doch wiederholt wird.
Leistungsstipendien werden bis 300 Euro/Monat nicht mehr angerechnet
Wer neben dem BAföG ein leistungsabhängiges Stipendium bekommt, der darf sich freuen: Es wird künftig dieses Geld nicht vom BAföG abgezogen. Diese Regelung ist vor allem auf das geplante nationale Stipendienprogramm bezogen. Wer davon profitieren wird und BAföG-Höchstsatz bezieht, darf sich auf um die 900 Euro monatlich freuen. Wobei es auch von "betroffenen" StipendiatInnen durchaus Kritik an diesem Geldregen gibt (vgl. auch die inzwischen bereits geschlossene Online-Petition dazu, die von über 3000 Menschen unterzeichnet wurde).
Da kann man sich schon fragen, ob das wirklich notwendig ist und ob eine Breitenförderung nicht sinnvoller wäre, also die Ausweitung des BAföGs an sich auf mehr BezieherInnen. Vgl. beispielsweise die Vorschläge verschiedener Institutionen, die wir im Artikel Vorschläge für eine BAföG-Reform zusammengestellt haben.
Verschlechterung: Teilerlasse für schnelles / gutes Studium fallen weg
Für alle, die ihr Studium erst 2013 oder später abschließen, werden die Teilerlassmöglichkeiten für ein gutes oder besonders schnelles Studium wegfallen. Hier wird (durchaus mit Recht) mit dem hohem Vollzugsaufwand argumentiert. Eigentlich ist es auch nur konsequent, dass BAföG als Förderung für alle, die grundsätzlich ein Studium aufnehmen können (aber deren finanzieller Hintergrund nicht so rosig ist) von leistungsabhängigen Komponenten zu befreien.
Grundsätzlich ist der Teilerlass wegen schnellem / guten Studium insofern ungerecht, als beispielsweise ein schnelles Studium auch nur möglich ist, wenn die Hochschule das Studium sehr gut organisiert hat - der/die StudentIn hat nur begrenzt Einfluss darauf. Überhaupt war der Teilerlass wohl nur begrenzt ein Anreiz, da er so oder so in ferner Zukunft liegt: Die Rückzahlung des BAföG beginnt erst 5 Jahre nach Ende der Regelstudienzeit, den Teilerlass merkt man - wenn man dann nicht auf einen Schlag zurückzahlt - sogar noch später, nämlich erst dadurch, dass die Rückzahlung früher beendet werden kann.
Schließlich griff der Teilerlass immer bezogen auf die vollen BAföG-Schulden noch bevor die 10.000 Euro-Schulden-Grenze greift. Wer viel BAföG bekommen hat, konnte daher sowieso nicht vom Teilerlass profitieren.
Insgesamt erscheint diese Verschlechterung also akzeptabel, wenn man sie auch in Bezug dazu setzt, dass es auch Verbesserungen gab, die bei zu höheren BAföG-Leistungen oder weniger Schulden führen (pauschaler Mietzuschlag, normales BAföG auch nach Fachrichtungswechsel, Verbesserungen beim Schüler-BAföG). Für die/denjenigen, die/der sich auf den Rabatt freute, bleibt es natürlich trotzdem unschön.
Studierende, Gewerkschaften und Opposition unzufrieden
Auch wenn es einige positive Elemente im Änderungsgesetz gibt (insbesondere die längere Gewährung des regulären BAföGs nach einem rechtzeitigen Fachrichtungswechsel), so gibt es vor allem deutliche Kritik am Gesetzentwurf.
Sehr stark entzündet sich die Kritik an der mehr oder weniger offenen Kopplung des BAföG-Änderungsgesetzes am Nationalen Stipendienprogramm. Nach wie vor heißt es aus informierten Kreisen, dass die Regierung nur beides zusammen durchbringen will. Sollten die Bundesländer dem Stipendienprogramm nicht zustimmen, soll auch die BAföG-Änderung nicht kommen. Es bleibt abzuwarten, wie das Hauen und Stechen im Hintergrund ausgehen wird. Entscheidend könnte dafür auch der Ausgang der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen werden und vor allem die sich dann dort bildende Koalition.
Für den studentischen Dachverband fzs jedenfalls kritisiert das Vorstandsmitglied Florian Kaiser: "Es kann nicht sein, dass ein Breitenförderungsinstrument [also das BAföG, Anm. von Studis Online]missbraucht wird, um eine Elitenförderung auszubauen. Eine wesentliche Veränderung, die die vorliegende Novellierung vorsieht ist die Nichtanrechnung von Stipendien in Höhe von bis zu 300 Euro auf das BAföG."
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert das geplante Stipendienprogramm scharf. "Die Bundesregierung soll das 'nationale Stipendienprogramm' wieder vom Tisch ziehen. Die hierfür vorgesehenen Mittel müssen in das BAföG investiert werden, von dem Studierende profitieren, die Unterstützung brauchen", sagt GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller.
Ähnlich äußert sich Kai Gehring, hochschulpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: "Ein prekäres Kurzzeit-Stipendium für Wenige kann eine verlässliche Studierendenförderung mit Rechtsansprüchen für Viele nicht ersetzen. Mit ihrem Stipendien-Murks überfordert Schavan die Hochschulen, da sie ihnen die komplette Organisation aufhalst und sie mit Akquise bis Vergabe alleinlässt. (...) Die Regierung muss ihren Stipendien-Murkswieder einkassieren und die dafür vorgesehenen Mittel in einen spürbaren Sofortausbau des BAföG stecken."
Die hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Nicole Gohlke, kritisiert: "Während das BAföG um gerade einmal zwei Prozent erhöht wird, wird das Büchergeld für Stipendiaten um 275 Prozent erhöht. Statistiken belegen, dass Stipendiaten in der großen Mehrheit Kinder von Akademikern und Reichen sind. Das zeigt, wer von Merkels Bildungsrepublik tatsächlich profitiert."
Die SPD äußert sich ähnlich, wenn auch in der Wortwahl zurückhaltender. Der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Swen Schulz, erklärt: "Schüler und Studierende brauchen eine echte Chance auf Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft und des ökonomischen Status. Ein so zögerlicher Gesetzentwurf reicht da nicht aus. Die Regierungskoalition sollte lieber die für das fragwürdige Stipendienprogramm eingeplanten Mittel für eine ordentliche BAföG-Verbesserung verwenden."
Deutsches Studentenwerk betont die positiven Seiten
Das Deutsche Studentenwerk (DSW), dass sich immer für eine Verbesserung des BAföG eingesetzt und auch im Zuge der aktuellen Planungen für eine stärkere Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge ausgesprochen hat, hält sich mit Kritik diesmal zurück. Es betont stattdessen die positiven Aspekte der geplanten Änderung.
DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde erklärte: "Das ist nun die zweite BAföG-Erhöhung unter Bundesbildungsministerin Schavan, und das bei schwierigster Lage des Bundeshaushalt und inmitten einer Wirtschafts- und Finanzkrise. (...) Nun stärkt sie auch zum zweiten Mal in kurzer Folge das BAföG als ausschließlich sozialstaatliches Instrument, um die Teilhabe an Hochschulbildung zu sichern. Das verdient zusätzlichen Respekt."
Verbunden wird dieses Lob mit dem Wunsch, dass das BAföG zukünftig regelmäßig alle zwei Jahre erhöht wird. "Es wäre wunderbar, wenn man die heutige BAföG-Erhöhung als Startsignal für eine regelmäßige BAföG-Erhöhung alle zwei Jahre verstehen könnte", so Meyer auf der Heyde.
Vor der letzten Gesetzesänderung, die 2008 eine Erhöhung des BAföG brachte, war es dagegen 6 Jahre lang zu keinerlei Veränderung der BAföG-Bedarfssätze oder Einkommens-Freibeträge gekommen.
Was fehlt? Was könnte besser sein?
Auch wenn das Gesetz einige positive Änderungen umfasst – es bleiben auch wesentliche Dinge offen. Hier also die Punkte, die der Gesetzgeber leider nicht (oder nicht ausreichend) berücksichtigt hat.
Höhere Mietpauschale
Die Pauschalisierung des kompletten Mietpauschale ist vor allem deshalb in den Gesetzentwurf eingebaut worden, weil faktisch kaum noch Studierende weniger Miete zahlen. In Städten mit hohen Mietpreisen dagegen müssen viele deutlich mehr zahlen, was rechnerisch vom BAföG nicht abgedeckt wird. Und auch ein Grund ist, warum auch viele BAföG-BezieherInnen neben dem Studium arbeiten gehen müssen.
Die Mietpauschale sollte also noch um einiges erhöht werden. Eine Überlegung - sozusagen als Kompromiss zwischen Vermeidung von individueller Prüfung der Miethöhe und andererseits der Tatsache, dass die Mietpreise von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich sein können - könnte auch die Einführung unterschiedlicher Mietpauschalen je nach Stadt oder Region sein. Vgl. z.B. die Erhebung zu durchschnittlichen Mietpreisen laut Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks.
Statt mehr BAföG an dieser Stelle wäre natürlich auch die Schaffung von wirklich preisgünstigem Wohnraum eine Alternative - das aber ist leider auch nicht zu erwarten (und natürlich auch nicht Aufgabe des BAföG-Gesetzes).
Vermögensfreibetrag
Nicht angetastet wird der Vermögensfreibetrag von 5200 Euro für die BAföG-BezieherInnen. Auch hier könnte man damit argumentieren, dass Bürokratiekosten eingespart werden könnten, wenn der Betrag deutlich erhöht wird. Denn dann würden auch beim berühm-berüchtigten Datenabgleich bezogen auf die Zinserträge deutlich weniger Detailprüfungen nötig werden.
Auch in Vorbereitung beispielsweise auf einen Auslandsaufenthalt mit Studiengebühren (die zwar für ein Jahr vom BAföG übernommen werden, ob die Zahlung des BAföG aber rechtzeitig eintrifft, ist eine andere Frage) kann es durchaus erforderlich sein, mehr Geld auf dem Konto zu haben. Erst recht werden durch die Erhöhung der Altersgrenze auf 35 Jahre für Master-Studiegänge noch mehr Menschen vom BAföG ausgeschlossen, die bereits mehrere Jahre gearbeitet und sich dabei etwas erspart haben. Das Argument, das könnten sie dann doch auch für das Studium einsetzen, ist dabei zwar nicht vollkommen von der Hand zu weisen - andererseits ist Vorsorge auch außerhalb von (Riester-)Renten-Verträgen doch nicht falsch und sollte nicht "bestraft" werden.
Höhere Freibeträge auf das Elterneinkommen
Am besten natürlich auch noch höhere Bedarfssätze, aber wenn man etwas bescheidener ist zumindest höhere Freibeträge auf das Elterneinkommen. Diese entscheiden ja letztlich, ob jemand überhaupt in den Genuss der BAföG-Förderung kommen kann (wenn es nicht gerade um den selteneren Fall des elternunabhängigen BAföGs geht). Insofern dürfte die Erhöhung der Freibeträge ruhig statt um 3% besser um 6% ausfallen.
BAföG ab der 11. Klasse nicht nur in Ausnahmefällen
Wer das Abitur auf "normalem" Wege (also nicht zweiter Bildungsweg) macht, kann nur im Ausnahmefall BAföG bekommen. Nämlich in den eher seltenen Fällen, dass vom Elternhaus keine entsprechende Schule in erreichbarer Nähe ist.
Nach wie vor studieren aus finanzschwachen Elternhäuser deutlich weniger Menschen. Der Bruch beginnt nicht erst nach dem Abitur, sondern schon vorher. Nun werden meist schon nach der vierten Klasse Weichen gestellt und BAföG für Kinder ab der 5. Klasse wäre doch etwas viel. Wegen der Schulpflicht müssen die Eltern aber so oder so bis zur 9./10. Klasse den Unterhalt der Kinder hinbekommen. Spätestens danach ist aber sicher ein Aspekt, das in finanzschwachen Elternhäuser eher auf eine entlohnte Ausbildung gedrängt wird (von den Eltern oder sogar die/den SchülerIn selbst), als weiter ohne Geld auf die Schule zu gehen.
Von daher wäre ein BAföG ab der 11. Klasse ohne die Einschränkung auf die Entfernung einer Schule wahrscheinlich sinnvoll.
Quellen
- Entwurf 23.BAföG-Änderungsgesetz
- Studentischer Dachverband unzufrieden mit dem 23. BAföG-Änderungsgesetz (Pressemitteilung des fzs, 21.04.2010)
- "Nationales Stipendienprogramm" muss wieder vom Tisch (Pressemitteilung der GEW, 21.04.2010)
- Studienfinanzierung: Schavans Stipendienmurks stoppen – BAföG ausbauen (Pressemitteilung der GRÜNEN, 21.04.2010)
- BAföG-Ausbau statt Stipendienprogramm (Pressemitteilung der LINKEN, 21.04.2010)
- Änderungen beim BAföG-Gesetz: Warum so zögerlich, Frau Schavan? (Pressemitteilung der SPD, 21.04.2010)
- Erneute BAföG-Erhöhung: "Respekt für die Bundesbildungsministerin" (Pressemitteilung des DSW, 21.04.2010)