Der Staat zahlt das meisteNationales Stipendienprogramm
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte sich den Gesetzentwurf genauer angesehen und in einer Presseerklärung die Behauptung aufgestellt, dass die Wirtschaft am Ende nur 17% der Kosten des Programms tragen würde.
Auch wenn hierbei offenbar ein Rechenfehler (bzw. ein Verständnisfehler – der Entwurf war an der entscheidenden Stelle auch schwer verständlich) vorlag: Tatsache bleibt (das hat auch das BMBF inzwischen bestätigt), dass durch die Zusatzkosten neben dem eigentlichen Stipendium (insbesondere Verwaltungskosten, aber auch der Aufwand der Hochschulen, überhaupt Stipendiengeber zu werben) und die Steuerersparnisse für die privaten Stifter der Staat ca. 68% der Kosten tragen wird.
Trotz des so gesehen gar nicht so großen Anteils an den Gesamtkosten werden die Stifter aber bestimmen dürfen, für welche Hochschulen und sogar genau für welche Fachbereiche das Geld zum Einsatz kommt. Die GEW sprach in diesem Zusammenhang von einer "Feudalisierung staatlicher Studienfinanzierung".
Endausbaustufe erst 2016 bei ca. 430 Millionen jährlichen Kosten für den Staat
Es geht um viel Geld
Auch wenn das Programm schon in diesem Jahr starten soll (sofern denn Bundestag und vor allem Bundesrat zustimmen), ist die Endausbaustufe in einiger Ferne. Im Gesetzentwurf werden für 2013 Kosten von 160 Millionen Euro (nur für die Stipendien) für Bund und Länder kalkuliert. Die Endausbaustufe soll aber 300 Millionen Euro kosten - wann sie erreicht wird, dazu gibt es keine näheren Angaben. Legt man die geplanten Steigerungungen zwischen 2010 und 2013 zugrunde, so könnte das 2016 der Fall sein.
Zu den 300 Millionen Euro für die Stipendien kommen nach der Schätzung des BMBF 100 Millionen hinzu, die dem Staat dadurch entgehen, dass die Stipendiengeber ihren Beitrag von den Steuern absetzen können. Schließlich wird noch mit 30 Millionen weiteren Kosten für die Hochschulen gerechnet. Macht insgesamt 430 Millionen.
Kommentar: Ausbau des BAföG wäre besser
Da kann man sich schon fragen, ob dieses Geld in einem Ausbau bzw. einer weitergehenden Öffnung des BAföG nicht besser angelegt wäre. Denn auch wenn tatsächlich 600 Millionen an Stipendien ausgeschüttet würden, so bleibt es fraglich, ob dadurch wirklich "Begabungsreserven" geweckt werden. Für Menschen aus sozial schwachen Familien ist ein - per se nicht zu garantierendes (weil von "Leistungen" abhängiges) - Stipendium kein wirkliches Lockmittel.
Wenn dann auch noch weiterhin vor allem diejenigen gefördert werden, die sowieso kaum finanzielle Probleme haben, wäre das Stipendienprogramm sozialpolitisch das totale Fiasko und auch sonst ohne wirklichen Sinn. Diverse Studien zeigen, dass bisher Studierende aus gehobenen Schichten eine deutlich größere Chance auf ein Stipendium haben - und das nicht, weil sie etwa bessere Leistungen zeigen würden.
Nicht umsonst haben auch einige Tausend aktuelle oder ehemalige StipendiatInnen der großen Begabtenförderungswerke sich mit einer Online-Petition gegen die parallel zum Stipendienprogramm geplante Erhöhung des Büchergelds gewandt. Das Büchergeld soll auf 300 Euro erhöht werden. Damit würden die StipendiatInnen der Begabtenförderungswerke ebenso wie die neuen StipendiatInnen des Nationalen Stipendienprogramms bis zu 300 Euro mehr als den aktuelle BAföG-Höchstsatz erhalten können. Bisher liegt das Büchergeld bei 80 Euro, der Rest eines Stipendiums ist wie beim BAföG vom Einkommen der Eltern abhängig.
Quellen und weiteres zum Thema