BAföGBAföG-Gesetzesänderung liegt erst mal aus Eis
Zunächst kann man also in Bezug auf den Entwurf aus Baden-Württemberg Entwarnung geben, denn so wie es aussieht, kann das laut Entwurf vorgesehene in Kraft treten zum 1. Juli 2004 nicht gehalten werden. Stattdessen wird wohl abgewartet werden, was die Bundesregierung sich an Änderungen ausdenkt. Nebenbei wäre es auch an der Zeit, die Freibeträge zu erhöhen.
Auch wenn der Entwurf aus Baden-Württemberg nicht mehr sonderlich relevant ist, möchten wir hier vorstellen, was sich die Leute aus dem Wissenschaftsministerium in BaWü so ausgedacht hatten - vielleicht greift ja auch das Bundesministerium ähnliche Punkte auf.
Erster Fachrichtungswechsel bis zum Ende des zweiten Fachsemesters ohne Begründung
Diese Änderung ist ohne Einschränkung zu begrüßen. Sie erspart dem Amt den Aufwand der Prüfung und den Studierenden die Angst davor, dass der Antrag abgelehnt wird. Und natürlich auch die Arbeit, eine Begründung zu schreiben.
Bedarf für Miete pauschalisiert - BAföG kann dadurch für viele um 24 Euro sinken
Bisher gibt es für alle, die nicht bei den Eltern wohnen, anteilig 133 Euro für die Miete. Dieser Betrag wird bei höherer Miete um bis 64 Euro erhöht (insgesamt also auf höchstens 197 Euro). Hier will der Änderungsantrag die Prüfung der konkreten Miethöhe einsparen und pauschal 173 Euro gewähren. Das ist zwar für einige von Vorteil. Die Nachteile überwiegen hier jedoch: Wer bisher über 173 Euro Miete zahlt, dessen BAföG wird einfach mal um bis zu 24 Euro gekürzt.
Wer bei Eltern wohnt, bekommt 44 Euro weniger
Auch allen, die bei den Eltern wohnen, wurde bisher ein Mietbedarf von 44 Euro angerechnet. Dieser soll ersatzlos gestrichen werden. Was direkt zu einer Kürzung des BAföG um 44 Euro führen würde.
BAföG nur noch bei Beginn der Ausbildung vor Erreichen des 27. Lebensjahres
Bei Einführung des BAföGs Anfang der 1970er Jahre lag diese Grenze (Ausnahmen gibt es allerdings weiterhin) bei 40 Jahren. Es ist schon ein wenig ironisch, trotz der Rede vom "lebenslangen Lernen" gerade hier eine Kürzung vorzunehmen ...
Vorausleistungen nur noch als Bankdarlehen
Wenn die Eltern Ihren Unterhaltspflichten nicht nachkommen (und es deswegen wenig oder kein BAföG gibt), so kann man die Eltern verklagen. Um diese Schwelle etwas zu senken, konnte man bisher die Unterhaltsansprüche auf das BAföG-Amt überschreiben, dass sich dann selbst um das Eintreiben des Geldes bei den Eltern gekümmert hat. Der Gesetzentwurf will in solchen Fällen nur noch ein Bankdarlehen gewähren. Das heißt, man müsste das ganze Geld später zurückzahlen. Um dies zu verhindern, müsste man doch wieder direkt die Eltern verklagen.
Bei Besuch eines Kollegs oder Abendgymnasiums nicht mehr automatisch elternunabhängige Förderung
Diese geplante Änderung erhöht den Verwaltungsaufwand, da bisher SchülerInnen von Kollegs und Abendgymnasium automatisch elternunabhängig gefördert wurden. In Zukunft sollen die gleichen Regelungen wie für alle anderen auch gelten. Elternunabhängiges BAföG gibt's also nur, wenn man vor der Ausbildung lange genug gearbeitet hat.
Keine Sonderregelung für Grenzpendler mehr
Bisher konnten Grenzpendler (also Leute, die in Deutschland wohnen, aber im Ausland eine Hochschule besuchen) das ganze Studium im Ausland durchführen. Interessant war das z.B. auch für die Schweiz. Da sie kein EU-Land ist, könnte man sonst nur zwei Semester dort studieren. Mit der Sonderregelung - natürlich nur unter der Voraussetzung, in Deutschland zu wohnen und täglich zu pendeln - ging es doch. Dies wird nun unmöglich - es gibt BAföG nur noch nach den normalen Regeln für ein Auslandsstudium (also ein Jahr bei nicht EU-Ländern, bei Ländern der EU nach einem Jahr in Deutschland für den Rest des Studiums).
Unsere Einschätzung
Insgesamt bringen die Änderungen für (potentielle) BAföG-EmpfängerInnen mehr Nach- als Vorteile. Insbesondere die Absenkung des Mietbedarfs ist eine deutliche Verschlechterung.
Die Probleme im Zusammenhang mit Vermögen (relativ geringer Freibetrag, Anrechung von Wertpapier-Besitz zum Wert des 31.12. des Vorjahres, oder auch die Anrechnung von gemeinsamem, schwierig veräußerbarem Hausbesitz) werden dagegen überhaupt nicht angefasst.
Nebenbei bemerkt wäre auch eine Anhebung des BAföG-Bedarfs und der Freibeträge im Allgemeinen angesagt - auch das fehlt. Es ist daher zu hoffen, dass in den Beratungen diese Aspekte noch ergänzt und die negativen Wirkungen möglichst gänzlich entfernt werden.
- Ausführliche Einschätzung des fzs zum Gesetzentwurf aus Baden-Württemberg
- Gesetzesantrag - Drucksache 933/03 vom 15.12.03 im Original (PDF, vom Bundesrats-Webserver, ca. 1,3 MB)
- Tagesordnung Ausschuss für Kulturfragen, 24.2.04 (PDF, vom Bundesrats-Webserver, ca. 100 kB)
- Tagesordnung Ausschuss für Kulturfragen, 26.1.04 (PDF, vom Bundesrats-Webserver, ca. 100 kB)
Hinweis: Die Originalversion des Artikels erschien am 15.01.2004, Ergänzung zu den 44 Euro Kürzung im Falle, dass bei Eltern gewohnt wird, und des Links zum fzs-Artikel am 21.01. Ergänzung zum Ausgang der Beratungen im Ausschuss für Kulturfragen am 30.01., Ergänzung Link auf Tagesordnung Ausschuss (Sitzung 24.2.) am 11.02. Ergänzung aktueller Stand der Dinge (erneuter Aufschub) am 02.03. und 22.03.