Fünf Jahre KfW-StudienkreditSind viele Studienkredite ein Erfolg?
Ein Ergebnis, das vor allem die KfW herausstellt, ist die Aussage ("stimme zu" bzw. "stimme sehr zu") von 86% der Befragten, ohne den KfW-Studienkredit hätten sie kein Studium aufgenommen. 56% stimmen dieser Aussage sogar sehr zu. Die KfW sieht dies – natürlich – als Bestätigung ihres Kreditangebots.
Ohne Studienfinanzierung kein Studium: Ob es allerdings gerade ein Studienkredit sein muss?
Aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive und an die Politik gerichtet stellt sich jedoch die Frage, warum offenbar das BAföG nicht ausreicht oder auch von den Eltern nicht genug zum Unterhalt beigesteuert werden kann. Denn sicherlich würden diese Finanzierungsquellen, die ganz ohne Verschuldung (Unterhalt) oder zumindest ohne Verzinsung und Schulden nur in Höhe der Hälfte der Fördersumme (BAföG) auskommen, auch von denen, die schließlich den KfW-Studienkreidt nutzten, lieber genommen. Und würden auch diejenigen ansprechen, die vor der Aufnahme eins Studienkredit zurückgeschreckt sind. Diese Fragen stellt die Evaluation des KfW-Studienkreits aber nur indirekt und kann daher auch zu ihrer Klärung nur begrenzt etwas beitragen.
Studienkredit füllt das Mittelstandsloch ein wenig
Laut der Evaluation des KfW-Studienkredites kommen die KreditnehmerInnen zwar aus allen sozialen Schichten, aber die Verteilung ist anders als in der Gesamtheit der Studierenden. Vor allem aus der "Mitte" nutzen mehr einen Studienkredit. Offenbar ist es also so, dass Familien, die gerade so viel verdienen, dass ihr Kind / ihre Kinder nur wenig oder gar kein BAföG mehr bekommen, den eigentlich erforderlichen Unterhalt nicht oder nur teilweise leisten. Die betroffenen Kinder wiederum könnten zwar rechtlich gesehen ihre Eltern auf Unterhalt verklagen (direkt oder per Antrag auf Vorausleistungen faktisch das BAföG-Amt damit beauftragen). Aber sie tun dies nicht – vermutlich größtenteils, weil ihnen ihre Eltern tatsächlich nicht "so reich" erscheinen und sie es nicht für legitim erachten, die Eltern zu verklagen. Wie groß der Anteil derer ist, die von der Klagemöglichkeit gar nicht wissen, bleibt offen.
Die KreditnehmerInnen des KfW-Studienkredits haben - jedenfalls lauf der Evaluation - höhere monatliche Ausgaben als durschschnittliche Studierende. Allerdings haben sie auch öfter schon Kinder. Es kann also auch sein, dass sie den Bedarf für die Kinder nicht anderweitig decken können und den Studienkredit so gewissermaßen zweckentfremden. Auch hier stellt sich die Frage, ob andere Geldquellen (Sozialleistungen; evt. Unterhalt des anderen Elternteils) nur aus Unwissen nicht angezapft werden oder wegen der Scheu vor rechtlicher Auseinandersetzungen.
Ein besseres BAföG würde Studienkredite größtenteils unnötig machen
Von studentischer Seite kommt deutliche Kritik an den Studienkrediten und der Darstellung der KfW, das Modell der Studienkredite sei ein voller Erfolg. Passenderweise gerade vom AStA der Uni Frankfurt, also der Uni am Hauptstandort der KfW (und der "Finanzhauptstadt" Deutschlands) erreichte uns eine Pressemitteilung "Bafög statt Studienkredite – Für eine solidarische Studienfinanzierung".
Auch der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) kann sich dem Jubel der KfW nicht anschließen. Die Nachfragen nach Studienkredite zeige, dass das staatliche Studienfinanzierungssystem in vielfacher Weise versage. Kredite dürften nicht der Zugang zum Studium sein, das Ziel müsse es sein, das BAföG auszubauen, um jeden und jeder ein Hochschulstudium zu ermöglichen – und zwar schulden- und zinsfrei.
Moska Timar, Vorstandsmitglied im fzs, erklärte weiter: "Die Lobhymmne der Kfw, die in das Geschäft der Studiekreditvergabe mit eingestiegen ist, ist unangemessen. Durch die Verschiebung des staatlichen Studienfinanzierung zugunsten der privaten kreditfinanzierten Studienfinanzierung fördert man die Selektion im Bildungssystem und es wird in Kauf genommen, dass die Wahl des Studienfaches vordergründig nach einer vermeintlichen Rentabilität und nicht nach persönlichen Neigungen gefällt wird. Die variable Verzinsung und ein steigendes Zinsniveau können schnell in die Schuldenfalle führen."
40 Jahre BAföG – Zeit für einen grundlegenden Ausbau?!
Zwei Aspekte scheinen sich auch durch die Evaluation des KfW-Studienkredites zu bestätigen: Unterhaltsrecht und BAföG bremsen sich aus, denn was der Staat als ausreichend Einkommen ansieht, um den Kindern noch vernünftigen Unterhalt gewähren zu können, sehen Eltern und selbst zu Unterhaltende oft anders. Ein Umbau der Studienfinanzierung in Richtung Elternunabhängigkeit wäre daher sicher hilfreich. Wenn auch komplex: Um dies zu finanzieren, wären gleichzeitig alle staatlichen Transfers abzuschaffen, die bisher wegen der Kinder an die Eltern gehen (Kindergeld, Steuervorteile etc.).
Eigentlich wäre der 40. Geburtstag ja eine gute Gelegenheit, sich an einen Ausbau des BAföG zu machen. Der fzs hat dies so auch mit der DGB-Jugend zum Anlass genommen, zusammen mit vielen Studierendenvertretungen eine 40-tägige Kampagne zu starten, die auf Verbesserungen beim BAföG drängen will. Denn offenbar sind es auch Mängel beim BAföG, die Studienkredite überhaupt in größerem Umfang nötig machen.
Die Kampagne Das BAföG wird 40 - Zeit sich weiter zu bilden hat sich dabei auf die Punkte Bedarfsdeckung (deutliche Erhöhung, ständige Anpassungen), Zurück zum Vollzuschuss (zu Beginn was das BAföG ein Vollzuschuss, es musste also nichts zurückgezahlt werden) und Wegfall der Altergrenze (Stichwort lebenslanges Lernen) beschränkt. Also das besonders komplexe Thema elternunabhängige Studienfinanzierung ausgeklammert (auch wenn die Forderung danach weiter besteht). Aber selbst die drei Forderungen sind in der aktuellen politischen Lage schwer durchsetzbar. Schade eigentlich.
KfW-Studienkredit hat geholfen – als Notnagel
Bei aller Kritik: Da das BAföG leider nicht so ist, wie es sich viele wünschen würden, war die Einführung des KfW-Studienkredits immer noch besser, als wenn sich gar nichts getan hätte. Denn einige hätten ohne KfW-Studienkredit wahrscheinlich tatsächlich ganz auf ein Studium verzichtet.
Allerdings sollte die Politik das nicht als Ausweg verstehen, sich nicht um Verbesserungen beim BAföG kümmern zu müssen. Ziel muss es bleiben, für so viele wie möglich eine Studienfinanzierung ohne Verzinsung und mit so wenig Schulden wie möglich (beim BAföG ist der Schuldenberg immerhin auf 10.000 Euro begrenzt und die Rückzahlung kann bei sehr niedrigem Einkommen auf Antrag ausgesetzt werden) bereitzustellen. Ein steigender Anteil von Studienkrediten ist nicht als gutes Zeichen anzusehen, sondern sollte Ansporn sein, das BAföG zu verbessern.
Übrigens hat aber auch der KfW-Studienkredit manche ziemlich in die Verzweiflung getrieben (davon ist in der Evaluation nichts zu lesen). Und zwar vom Problem des potentiellen Schuldenberges ganz abgesehen. Schon mitten im Studium konnte es zu unerwarteten Problemen kommen: Siehe den Artikel Plötzlich gibt es nichts mehr: Probleme mit dem Leistungsnachweis beim KfW-Studienkredit.
Zumindest in den ersten Jahren nach Einführung des Studienkredits war die Regelung in Bezug auf die Vorlage des Leistungsnachweises so gestaltet, dass es – wenn man das Studium direkt mit Studienkredit behonnen hatte – sein konnte, dass man zwar weiter BAföG bekommen konnte (wenn man für den verspäteten Leistungsnachweis einen wichtigen Grund vorweisen konnte), nicht mehr aber den Studienkredit (denn bei ihm gibt es keine Ausnahmeregelungen). Inzwischen wurde in dieser Sache immerhin nachgebessert. Für sehr wenige kann aber selbst jetzt noch ein Problem auftauchen, jedeR KreditnehmerIn sollte sich also die Bedingungen des Kredits genau durchlesen. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber leider trotzdem immer wiederholt werden muss, da sich viele nicht an diesen Ratschlag halten
Quellen, Materialien und weiteres zum Thema