Jahresausblick 2012Was sich für Studierende in Gelddingen ändert
Zusammengestellt von Oliver Iost, mit Dank an Nicola Pridik für unterstützende Recherche
Die Ausführungen haben den Stand 22.12.2011, die Abschaffung der Studienkonten in Rheinland-Pfalz wurde am 09.01.2012 ergänzt. In den Zwischenüberschriften ist der Status zu diesem Datum erwähnt.
Wer diesen Artikel in späteren Monaten liest, kann über die angegebenen Detailartikel in der Regel erfahren, wie es inzwischen steht.
Die wichtigsten Änderungen im Steuer- und Sozialrecht einschließlich dem BAföG
Gilt schon seit 2011: Werbungskostenpauschale auf 1000 Euro erhöht
Diesmal gibt es erstaunlich viele – wenn auch meist nur kleine – Verbesserungen für Studierende.
Normalerweise werden veränderte Gesetzesregelungen erst nach In-Kraft-Treten angewendet, oft sogar erst ab einem bestimmten Stichtag. Bei der erhöhten Werbungskostenpauschale war das anders. Obwohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2011 beschlossen, gilt sie doch rückwirkend schon für das ganze Jahr 2011. Für alle, die das bisher nicht mitbekommen hatten, wollen wir an dieser Stelle trotzdem nochmals auf diese Änderung hinweisen. Sie kann sich – sofern die/der BAföG-EmpfängerIn höhere eigene Einkünfte hat – bspw. beim BAföG auswirken. Wobei es eben auf das Jahr betrachtet höchstens um 80 Euro gehen kann, denn um diesen Betrag wurde die Werbungskostenpauschale erhöht.
Beschlossen: Einkommenshöhe spielt keine Rolle mehr beim Kindergeld
Jahrelang war der sogenannte Fallbeileffekt beim Kindergeld umstritten und Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Denn anders als bei vielen anderen Sozialleistungen wurde das Kindergeld bei Überschreiten der Einkommensgrenze (wobei zuvor diverse Dinge abgezogen werden durften, was die Berechnung nicht gerade einfach machte) für das Kalenderjahr vollkommen gestrichen und nicht etwa nur gekürzt.
Ab 2012 fällt die Einkommensgrenze ersatzlos weg: Es spielt gar keine Rolle mehr, wie viel verdient wird. Als StudentIn wird man also in der Regel immer Kindergeld bekommen, solange man noch unter 25 Jahre alt ist.
Beschlossen: Teilnehmer an dualen Studiengängen sind sozialversicherungsrechtlich Auszubildenden in einem Betrieb gleichgestellt
Das bedeutet, dass grundsätzlich der günstige Studierendentarif der gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr zugänglich ist und in der Regel auch Kosten für Renten- und Arbeitslosenversicherung anfallen. Vorteil ist jedoch, dass es nicht mehr wie bisher zum Wechsel des Status innerhalb des Studiums kommen kann (oder dazu, dass man gar nicht versichert ist, wenn man sich nicht rechtzeitig darum gekümmert hatte) bzw. die Einstufung am Anfang kompliziert ist.
Beschlossen: Weiterhin kein Abzug von Erst-Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten, aber höherer Sonderausgabenabzug möglich
Zwei Urteile des Bundesfinanzhofes vom 28.07.2011 machten Hoffnung darauf, dass auch die Studienkosten eines Erststudiums als Werbungskosten angerechnet werden können und sich steuermindernd auswirken können. Vor allem hätte man über einen Verlustvortrag Werbungskosten zumindest einige Jahre sozusagen ansparen können. Die Regierungskoalition und selbst Teile der Opposition fanden jedoch, dass dies nicht vom Gesetzgeber intendiert gewesen ist und änderten daher die entscheidende Formulierung im Gesetz. Faktisch war auch vorher die Praxis so, dass die Kosten eines Erststudiums nicht als Werbungskosten angerechnet werden können. So soll es also auch bleiben, das Urteil keine reale Wirkung entfalten.
"Nebenbei" wurde stattdessen der Sonderausgabenabzug für Ausbildungskosten ab 2012 erhöht und zwar von 4000 auf 6000 Euro. Das hört sich schön an, bringt aber nur etwas, wenn man im selben Jahr entsprechende Ausbildungskosten hat UND so viel Einkommen erzielt, dass man Steuern zahlen muss. Denn nur diese werden durch den Sonderausgabenabzug gemindert. Wer keine Steuern zahlt, der gewinnt dadurch nichts.
Beschlossen: Teilerlassmöglichkeit auf Grund guter Leistung / schnellen Studiums bei BAföG-Rückzahlung letztmalig bei Abschluss des Studiums 2012 möglich; für Studiengänge mit Mindeststudiendauer neue Regelung
Wer das Studium "gut" abschließt (im Sinne des BAföGs meint das: unter den 30% besten des jeweiligen Jahrgangs und Abschluss spätestens 12 Monate nach Ende der Förderungshöchstdauer) kann ebenso einen Teilerlass bei der BAföG-Rückzahlung erhalten wie alle, die das Studium sogar mind. zwei Monate schneller als die Förderungshöchstdauer abschließen. Allerdings laufen diese Regelungen aus. Um davon noch profitieren zu können, muss das Studium 2012 vollständig abgeschlossen werden. Wer erst 2013 mit dem Studium fertig wird, kann diese Erlassmöglichkeiten nicht mehr nutzen.
Ende 2011 wurde wegen eines Gerichtsurteils noch eine Änderung in Sachen Teilerlassmöglichkeit bei Studiengängen mit Mindeststudienzeit beschlossen, die in vielen Fällen überhaupt erst einen Teilerlass möglich macht. Dies betrifft noch alle, die noch keinen abschließenden Bescheid in Sachen BAföG-Rückzahlung bekommen haben bzw. die ihr Studium spätestens 2012 abschließen werden. Details speziell zu dieser Variante siehe hier.
Geplant: Erhöhung der Grenze für Minijobs auf 450 Euro, für Midijobs auf 850 Euro
Die Grenze für Minijobs soll künftig auf 450 Euro angehoben werden, für Midijobs entsprechend auf 850 Euro. Wann diese Regelung in Kraft treten wird, ist noch unklar. In jedem Fall ist nicht vor Frühjahr 2012 damit zu rechnen.
Hinweis: Für BAföG-Bezieher ist die Auswirkung gering, da der Freibetrag beim BAföG davon unabhängig ist und es bei Einkünften von knapp über 400 Euro weiterhin zu Abzügen vom BAföG kommen wird. Zwar ist denkbar, dass bei einer nächsten BAföG-Anpassung der Freibetrag entsprechend erhöht wird. Aber das wird noch dauern.
Unsicher: BAföG-Erhöhung und/oder weitere Änderungen beim BAföG
Anfang 2012 wird der 19. BAföG-Bericht herauskommen. Das ist oft ein Anlass, sich daraus ergebende Impulse für einen Gesetzentwurf zu nutzen, der dann im Herbst in Kraft treten könnte.
In der Vergangenheit gab es allerdings auch immer wieder längere Perioden ohne Anpassungen der Bedarfssätze. Nachdem die aktuelle Regierung 2010 eine kleine Erhöhung (und die CDU in der großen Koalition 2008 sogar eine größere Erhöhung) der Freibeträge und der Bedarfssätze mitgetragen hat, ist unklar, was für 2012 zu erwarten ist. Man muss wohl die Reaktionen auf den BAföG-Bericht abwarten, um abschätzen zu können, ob sich dieses Jahr noch etwas tun wird oder ob es leider mal wieder bei einer BAföG-Null-Runde bleibt.
Verbesserungsbedarf gibt es genug – man betrachte nur die Vorschläge verschiedener Institutionen für die 2010er-Anpassung des BAföG. Es wäre auch noch viel mehr denkbar, wie der Artikel BAföG als Teil eines Bildungsgeldes zeigt – auch wenn das aktuell wohl nicht durchsetzbar erscheint.
Studiengebühren: Allgemeine bald nur noch in zwei Bundesländern, auch Langzeitgebühren werden seltener
Beschlossen: Abschaffung der Studienkonten in Rheinland-Pfalz
Die Studienkonten waren nichts anderes als eine etwas kompliziertere (und damit verwaltungstechnisch aufwändigere) Form von Langzeitstudiengebühren. Nachdem praktisch alle Nachbarländer auf allgemeine und meist auch auf Langzeitstudiengebühren verzichtet haben, hat vor allem auf Drängen des grünen Koalitionspartners die rot-grüne Mehrheit im Landtag am 07.12.2011 die Studienkonten zum Sommersemester 2012 abgeschafft. Erhalten bleiben aber 650 Euro Gebühren pro Semester für ein Zweitstudium oder für Senioren (mind. 60 Jahre alt).
Beschlossen: Abschaffung der Studiengebühren in Baden-Württemberg
Überraschend wurde die Abschaffung der Studiengebühren sogar schon dieses Jahr endgültig durch den Landtag beschlossen – siehe für Details unseren Artikel Landtag macht Weihnachtsgeschenk: Baden-Württemberg beschließt Studiengebühren-Abschaffungsgesetz vom 21.12.2011)[/urldruck].
Das Sommersemester 2012 ist dann das erste, in dem wieder keine allgemeinen Studiengebühren mehr anfallen.
Beschlossen: Abschaffung der Studiengebühren in Hamburg
Der Gesetzentwurf (siehe auch Auch Hamburg schafft Studiengebühren ab (Details des Gesetzentwurfes; 13.09.2011)) wurde am 15.12.2011 von der Bürgerschaft beschlossen.
Hinweis: Wir waren zunächst davon ausgegangen, dass noch ein letzter Beschluss fehlt, da in der Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft der Status zum Gesetz noch einige Tage nicht wie nun auf "Beschluss: Annahme" stand und uns auch in der Tagesordnung zur entsprechenden Sitzung nicht deutlich wurde, dass hier nicht nur über die Ausschussberatung zum Gesetz berichtet wird, sondern tatsächlich auch beschlossen wird.
Die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren greift allerdings erst zum Wintersemester 2012/2013. Auch wenn Hamburg also als viertes Bundesland noch vor Baden-Württemberg die Abschaffung beschlossen hat, bei der Umsetzung bleibt Hamburg fünfter. In Baden-Württemberg müssen schon im Sommersemester 2012 keine allgemeinen Studiengebühren mehr gezahlt werden.
Die letzten Bundesländer mit allgemeinen Studiengebühren: Bayern und Niedersachsen
Landtagswahlen sind in diesen Bundesländern erst im Frühjahr (Niedersachsen) bzw. Herbst (Bayern) 2013. Ohne Regierungswechsel wäre eine Änderung nur in Bayern denkbar – wenn eines der angestrebten Volksbegehren erfolgreich durchkommen würde oder zumindest so viel Druck erzeugt, dass die Regierung sich doch zu einer Veränderung gezwungen sieht. Mehr dazu im Artikel Abschaffung oder Senkung? Neues zu Studiengebühren in Bayern vom 29.09.2011.
Weiteres, was auch (zukünftige) Studierende betreffen kann
Was wir schon aufgeführt haben, sollten die wesentlichen Änderungen sein, die eine relevante Zahl von Studierenden betreffen und auch etwas spezifischer auf Studierende zielen. Einige weitere Dinge, die nicht speziell Studierende betreffen, aber für die jeweiligen Betroffenen eben doch sehr relevant sein können, führen wir hier noch auf. Auch einige Dinge, die Studierende gar nicht betreffen können, aber Studieninteressierte, führen wir hier auf. Zwangsläufig wird hier auch einiges fehlen – es tut sich einfach zu viel. Falls wir entscheidendes vergessen haben sollten, sind wir über Hinweise dankbar.
Beschlossen: Beitragssatz für die Rentenversicherung sinkt um 0,3% auf 19,6%
Betroffen hiervon sind zwar auch die Studierenden, die regelmäßig über 400 Euro / Monat verdienen und daher auch in die Rentenversicherung einzahlen müssen. Aber die Auswirkung ist ziemlich klein. Bei einem Brutto-Verdienst von 800 Euro/Monat geht es um gerade um 1,20 Euro, die man ab 2012 durch diese Änderung mehr an Nettolohn erhalten wird.
Beschlossen: Ab 2012 sind Sozialleistungen pfändbar – Pfändungsschutz bietet nur noch das P-Konto
Auch Studierende können – leider – schon stark verschuldet sein. Wenn es so schlecht steht, dass eine Pfändung droht, waren bisher wenigstens Sozialleistungen von einer Pfändung geschützt. Zukünftig ist das nicht mehr der Fall. Nur mit einem sogenannten P-Konto kann man zukünftig sicher sein, dass zumindest der Grundfreibetrag (plus auf Antrag evt. weitere Beträge) vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt bleibt. Ein P-Konto muss man selbst beantragen.
Schon Ende 2011 gültig: Kindergeld auch während Bundesfreiwilligendienst möglich
Wer die Altersgrenze für Kindergeld noch nicht überschritten hat, kann seit Ende 2011 mit Kindergeld während des Dienstes rechnen, da im Rahmen des (ansonsten vor allem andere Dinge regelnden) Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz dies explizit festgelegt wurde.
Angekündigt: Einkünfte durch Bundesfreiwilligendienst und ALG II: Freigrenze für Taschengeld wird von 60 auf 175 EUR erhöht
Wer ALG II bezieht und gleichzeitig am Bundesfreiwilligendienst ("BUFDI") teilnimmt (evt. ja auch, um die Zeit zu überbrücken, bis die Wartezeit für einen zulassungsbeschränkten Studiengang zu erreichen), kann sich freuen: Ab 1. Januar 2012 bleibt mehr Geld übrig. Statt 60 Euro werden künftig 175 Euro des monatlichen Taschengeldes aus dem BUFDI von der Anrechnung beim ALG II freigestellt. Wobei es natürlich auf die jeweilige BUFDI-Stelle ankommt, wie viel Taschengeld es überhaupt gibt.