BAföGDas Bundesministerium und der Datenabgleich (Teil 2)
Vom BMBF antwortete eine Mitarbeiterin der für BAföG zuständigen Abteilung wie folgt (und relativ zügig innerhalb von zwei Wochen). Auf viele wesentlichen Punkte geht sie aber leider nicht ein - nachfragen wäre wohl angeraten...
[...]
Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten durch BAföG-Empfänger allein in der Verantwortung der Landesbehörden liegt. Anders als bei dem im Bundesauftrag erfolgenden Gesetzesvollzug hinsichtlich der Förderungsentscheidungen nach dem BAföG hat der Bund hier keinen aufsichtsrechtlichen Einfluss. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat jedoch ein begleitendes Interesse an den ordnungswidrigkeits- und strafverfahrensrechtlichen Handhabung in den Ländern.
Zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen nehme ich im Einzelnen wie folgt Stellung:
Zur Höhe des Vermögensfreibetrags
Die Förderung nach dem BAföG ist eine subsidiäre Sozialleistung, die der Verwirklichung der Chancengleichheit im Bildungswesen dient. Sie wird gewährt, wenn und soweit es dem Auszubildenden oder seinen unterhaltspflichteten Angehörigen nicht möglich ist, eine angemessene Ausbildung zu finanzieren. Grundsätzlich ist es einem Auszubildenden zuzumuten, sein eigenes Vermögen voll für seine Ausbildung einzusetzen, da er auch von der Investition in die eigene Ausbildung in Zukunft profitieren kann.
Vermögen des Auszubildenden wird erst angerechnet, wenn es oberhalb des Freibetrags von 5200 Euro für den Auszubildenden selbst, 1800 Euro für den Ehegatten des Auszubildenden und 1800 Euro für jedes Kind des Auszubildenden liegt (§29 Abs. 1 BAföG). Darüber hinaus können in Ausnahmefällen weitere Teile anrechnungsfrei bleiben, sofern dies zur Vermeidung unbilliger Härten notwendig ist. Der Vermögensfreibetrag lässt sich als Notgroschen zur Überbrückung von kürzeren Zeiträumen rechtfertigen, für die nach dem geltenden BAföG-System Förderungslücken entstehen können, ohne die grundsätzliche Förderungswürdigkeit einer Fortsetzung der Ausbildung als solche in Frage zu stellen. Auch vermögenden Auszubildenden Ausbildungsförderung zu gewähren, widerspräche dem oben genannten Subsidiaritätsgrundsatz und wäre weder gerecht noch finanzierbar. Insoweit trifft es zu, dass es den Auszubildenden nicht möglich ist, über den Freibetrag hinausgehende Rücklagen zu bilden. Eine Vermögensbildung während der Ausbildung kann aber auch nicht Zweck der Sozialleistung BAföG sein.
Soweit Sie die Höhe der geltenden Vermögensfreibeträge für unzureichend halten, ist anzumerken, dass diese im Jahre 2001 deutlich erhöht wurden, zunächst von 6000 DM auf 10.000 DM und mit Wirkung vom 1.Juni 2002 auf 5200 Euro. Die Bundesregierung hat am 16.10.2003 dem Haushaltsausschuss sowie dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestags dargelegt, dass hinsichtlich der Höhe der Freibeträge derzeit kein Änderungsbedarf besteht. Der Bericht wurde von Beirat für Ausbildungsförderung mitgetragen und von den Ausschussmitgliedern zustimmend zur Kenntnis genommen.
Dass das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) deutlich über den Vergleichsbeträgen des BAföG liegende Vermögensfreibeträge geschaffen hat (nämlich 35.791 € für den Antragsteller selbst), lässt keine Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Freibeträge im BAföG zu. Die Regelung im AFBG trägt der andersartigen Lebenssituation der mit Meister-BAföG Geförderten Rechnung, die aufgrund einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit in der Regel wirtschaftlich unabhängig sind. Ihnen soll ein stärkerer Anreiz zur Existenzgründung gesetzt werden. Dies ist bei BAföG-Empfängern, die typischerweise jünger sind und in der Erstausbildung vor Eintritt in das Erwerbsleben stehen, nicht erforderlich.
Im übrigen vermag das persönliche Empfinden eines Auszubildenden, die im BAföG normierten Freibeträge seien zu niedrig, das Verschweigen von Vermögen nicht zu rechtfertigen. Die Bewertung und Beurteilung der Angemessenheit der Freibetragsregelungen kann nur der Gesetzgeber in normativer Typisierung selbst treffen. (Hervorhebung durch bafoeg-rechner.de, weil das doch so toll klingt ... aber unserer Meinung nach leider vor allem zeigt, dass sich das Ministerium nicht wirklich zu den Problemen Stellung nehmen will, sondern sich hinter juristischer Sprache versteckt) Es liegt auf der Hand, dass es nicht sein kann, dass einzelne Auszubildende nach ihrem Gutdünken die Freibeträge individuell nach oben "korrigieren", und dies vom Staat gebilligt wird.
Zum Verfahren bei der Antragstellung
Jeder Auszubildende muss in seinem Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung Angaben dazu machen, ob er über Vermögen über der Freibetragsgrenze von 5200 Euro verfügt (vgl. Zeile 102). In den Erläuterungen zum Antragsformular finden sich Hinweise zum Ausfüllen des Antragsformulars. Sollte der Auszubildende Fragen hinsichtlich der Zuordnung des Vermögens haben, so steht ihm das zuständige Amt für Ausbildungsförderung für eine Beratung zur Verfügung.
Zum Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren
Wenn durch den Datenabgleich bekannt wird, dass Auszubildende, die bei Antragstellung angegeben hatten, nicht über anzurechnendes Vermögen zu verfügen, gleichwohl Zinserträge hattenn, hören die Ämter für Ausbildungsförderung die betroffenen Auszubildenden zunächst an, so dass diese stets die Möglichkeit haben, zu dem Ergebnis des Datenabgleichs Stellung zu nehmen. Wenn bei der Anhörung ein Missbrauchsverdacht nicht ausgeräumt werden kann, folgt das weitere Vorgehen der Ämter für Ausbildungsförderung aus dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Die Entscheidung, ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird, liegt danach im pflichtgemäßen Ermessen des jeweiligen Amtes für Ausbildungsförderung (§47 Abs. 1 OWiG). Zeichnen sich im Rahmen eines solchen Ordnungswidrigkeitenverfahrens Anhaltspunkte dafür ab, dass der Sachverhalt eine Straftat begründen könnte, so ist der Vorgang an die Staatsanwaltschaft abzugeben (§ 41 Abs. 1 OWiG). Dabei sind die Ämter für Ausbildungsförderung nicht zu einer Abgabe im ersten Ermittlungsstadium verpflichtet, sondern können die Ermittlungen zunächst unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Ordnungswidrigkeit weiterführen, insbesondere wenn damit zu rechnen ist, dass bei weiterer Aufklärung die Anhaltspunkte für eine Straftat entfallen.
Sieht die Staatsanwaltschaft davon ab, ein Strafverfahren einzuleiten, so gibt sie die Sache an das Amt für Ausbildungsförderung zurück (§41 Abs. 2 OWiG). Das Gleiche gilt, wenn sie das Verfahren nur wegen der Straftat einstellt und Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tat als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann (§ 43 Abs. 1 OWiG). Ob das Ordnungswidrigkeitenverfahren weitergeführt wird, hängt folglich von der Entscheidung der Staatsanwaltschaft im Einzelfall ab, der gegenüber gemäß § 147 Nr. 2 GVG allein die jeweilige Landesjustizverwaltung weisungsbefugt ist. Etwaige regionale Unterschiede in der Härte, mit der Staatsanwaltschaften und Gerichte vorgehen, sind im Falle der durch den Datenabgleich aufgefallenen Auszubildenden ebenso hinzunehmen wie in anderen Bereichen der Strafrechtsanwendung.
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Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten durch BAföG-Empfänger allein in der Verantwortung der Landesbehörden liegt. Anders als bei dem im Bundesauftrag erfolgenden Gesetzesvollzug hinsichtlich der Förderungsentscheidungen nach dem BAföG hat der Bund hier keinen aufsichtsrechtlichen Einfluss. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat jedoch ein begleitendes Interesse an den ordnungswidrigkeits- und strafverfahrensrechtlichen Handhabung in den Ländern.
Zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen nehme ich im Einzelnen wie folgt Stellung:
Zur Höhe des Vermögensfreibetrags
Die Förderung nach dem BAföG ist eine subsidiäre Sozialleistung, die der Verwirklichung der Chancengleichheit im Bildungswesen dient. Sie wird gewährt, wenn und soweit es dem Auszubildenden oder seinen unterhaltspflichteten Angehörigen nicht möglich ist, eine angemessene Ausbildung zu finanzieren. Grundsätzlich ist es einem Auszubildenden zuzumuten, sein eigenes Vermögen voll für seine Ausbildung einzusetzen, da er auch von der Investition in die eigene Ausbildung in Zukunft profitieren kann.
Vermögen des Auszubildenden wird erst angerechnet, wenn es oberhalb des Freibetrags von 5200 Euro für den Auszubildenden selbst, 1800 Euro für den Ehegatten des Auszubildenden und 1800 Euro für jedes Kind des Auszubildenden liegt (§29 Abs. 1 BAföG). Darüber hinaus können in Ausnahmefällen weitere Teile anrechnungsfrei bleiben, sofern dies zur Vermeidung unbilliger Härten notwendig ist. Der Vermögensfreibetrag lässt sich als Notgroschen zur Überbrückung von kürzeren Zeiträumen rechtfertigen, für die nach dem geltenden BAföG-System Förderungslücken entstehen können, ohne die grundsätzliche Förderungswürdigkeit einer Fortsetzung der Ausbildung als solche in Frage zu stellen. Auch vermögenden Auszubildenden Ausbildungsförderung zu gewähren, widerspräche dem oben genannten Subsidiaritätsgrundsatz und wäre weder gerecht noch finanzierbar. Insoweit trifft es zu, dass es den Auszubildenden nicht möglich ist, über den Freibetrag hinausgehende Rücklagen zu bilden. Eine Vermögensbildung während der Ausbildung kann aber auch nicht Zweck der Sozialleistung BAföG sein.
Soweit Sie die Höhe der geltenden Vermögensfreibeträge für unzureichend halten, ist anzumerken, dass diese im Jahre 2001 deutlich erhöht wurden, zunächst von 6000 DM auf 10.000 DM und mit Wirkung vom 1.Juni 2002 auf 5200 Euro. Die Bundesregierung hat am 16.10.2003 dem Haushaltsausschuss sowie dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestags dargelegt, dass hinsichtlich der Höhe der Freibeträge derzeit kein Änderungsbedarf besteht. Der Bericht wurde von Beirat für Ausbildungsförderung mitgetragen und von den Ausschussmitgliedern zustimmend zur Kenntnis genommen.
Dass das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) deutlich über den Vergleichsbeträgen des BAföG liegende Vermögensfreibeträge geschaffen hat (nämlich 35.791 € für den Antragsteller selbst), lässt keine Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Freibeträge im BAföG zu. Die Regelung im AFBG trägt der andersartigen Lebenssituation der mit Meister-BAföG Geförderten Rechnung, die aufgrund einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit in der Regel wirtschaftlich unabhängig sind. Ihnen soll ein stärkerer Anreiz zur Existenzgründung gesetzt werden. Dies ist bei BAföG-Empfängern, die typischerweise jünger sind und in der Erstausbildung vor Eintritt in das Erwerbsleben stehen, nicht erforderlich.
Im übrigen vermag das persönliche Empfinden eines Auszubildenden, die im BAföG normierten Freibeträge seien zu niedrig, das Verschweigen von Vermögen nicht zu rechtfertigen. Die Bewertung und Beurteilung der Angemessenheit der Freibetragsregelungen kann nur der Gesetzgeber in normativer Typisierung selbst treffen. (Hervorhebung durch bafoeg-rechner.de, weil das doch so toll klingt ... aber unserer Meinung nach leider vor allem zeigt, dass sich das Ministerium nicht wirklich zu den Problemen Stellung nehmen will, sondern sich hinter juristischer Sprache versteckt) Es liegt auf der Hand, dass es nicht sein kann, dass einzelne Auszubildende nach ihrem Gutdünken die Freibeträge individuell nach oben "korrigieren", und dies vom Staat gebilligt wird.
Zum Verfahren bei der Antragstellung
Jeder Auszubildende muss in seinem Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung Angaben dazu machen, ob er über Vermögen über der Freibetragsgrenze von 5200 Euro verfügt (vgl. Zeile 102). In den Erläuterungen zum Antragsformular finden sich Hinweise zum Ausfüllen des Antragsformulars. Sollte der Auszubildende Fragen hinsichtlich der Zuordnung des Vermögens haben, so steht ihm das zuständige Amt für Ausbildungsförderung für eine Beratung zur Verfügung.
Zum Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren
Wenn durch den Datenabgleich bekannt wird, dass Auszubildende, die bei Antragstellung angegeben hatten, nicht über anzurechnendes Vermögen zu verfügen, gleichwohl Zinserträge hattenn, hören die Ämter für Ausbildungsförderung die betroffenen Auszubildenden zunächst an, so dass diese stets die Möglichkeit haben, zu dem Ergebnis des Datenabgleichs Stellung zu nehmen. Wenn bei der Anhörung ein Missbrauchsverdacht nicht ausgeräumt werden kann, folgt das weitere Vorgehen der Ämter für Ausbildungsförderung aus dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Die Entscheidung, ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird, liegt danach im pflichtgemäßen Ermessen des jeweiligen Amtes für Ausbildungsförderung (§47 Abs. 1 OWiG). Zeichnen sich im Rahmen eines solchen Ordnungswidrigkeitenverfahrens Anhaltspunkte dafür ab, dass der Sachverhalt eine Straftat begründen könnte, so ist der Vorgang an die Staatsanwaltschaft abzugeben (§ 41 Abs. 1 OWiG). Dabei sind die Ämter für Ausbildungsförderung nicht zu einer Abgabe im ersten Ermittlungsstadium verpflichtet, sondern können die Ermittlungen zunächst unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Ordnungswidrigkeit weiterführen, insbesondere wenn damit zu rechnen ist, dass bei weiterer Aufklärung die Anhaltspunkte für eine Straftat entfallen.
Sieht die Staatsanwaltschaft davon ab, ein Strafverfahren einzuleiten, so gibt sie die Sache an das Amt für Ausbildungsförderung zurück (§41 Abs. 2 OWiG). Das Gleiche gilt, wenn sie das Verfahren nur wegen der Straftat einstellt und Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tat als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann (§ 43 Abs. 1 OWiG). Ob das Ordnungswidrigkeitenverfahren weitergeführt wird, hängt folglich von der Entscheidung der Staatsanwaltschaft im Einzelfall ab, der gegenüber gemäß § 147 Nr. 2 GVG allein die jeweilige Landesjustizverwaltung weisungsbefugt ist. Etwaige regionale Unterschiede in der Härte, mit der Staatsanwaltschaften und Gerichte vorgehen, sind im Falle der durch den Datenabgleich aufgefallenen Auszubildenden ebenso hinzunehmen wie in anderen Bereichen der Strafrechtsanwendung.
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