RechenbeispieleWie viel BAföG bekäme man ab Wintersemester 2016/2017?
Von Oliver Iost
Unser BAföG-Rechner kennt schon die Werte für das BAföG ab WiSe 2016/2017 – das ermöglicht einige interessante Vergleichsrechnungen.
Die Höhe des BAföGs hängt von diversen Parametern ab und da auch prozentuale Freibeträge ins Spiel kommen, gibt es keinen linearen Verlauf, wenn man bspw. alle Parameter gleich lässt und nur das Einkommen der Eltern verändert.
Im 25. BAföG-Änderungsgesetz werden die Bedarfssätze um 7% erhöht, der Bedarf für Miete (wenn nicht bei Eltern wohnend) steigt sogar um etwas über 10%. Angepasst werden auch die Freibeträge auf das Einkommen der Eltern (ca. +7%).
Wie wirkt sich das nun tatsächlich aus? Im folgenden haben wir einige reale Beispiele mit unserem BAföG-Rechner nachgerechnet – er kann auf Wunsch schon die Werte nach dem 25. BAföG-Änderungsgesetz verwenden.
Rechenbeispiele Höchstsatz
Recht einfach ist das Ergebnis, wenn der jeweilige BAföG-Empfänger den Höchstsatz bezieht: Hier wirkt sich (sofern das Elterneinkommen nicht gleichzeitig um mehr als 7% steigen sollte) nur die Erhöhung des Bedarfssatzes aus. Wer aktuell als Student 597 Euro erhält (nicht bei den Eltern wohnend, Kranken- und Pflegeversicherung familienversichert, keine Kinder) kann zukünftig mit 649 Euro rechnen (+8,7%).
SchülerInnen an Berufsfachschulen, die einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln und noch bei den Eltern wohnen, erhalten heute als Höchstsatz 216 Euro, zukünftig wären es 231 Euro (+7%).
Leider kommt die Erhöhung aber erst zum Wintersemester 2016/2017 (für SchülerInnen ab Schuljahr 2016/2017, also ab August oder September). Und schon heute sind die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu 2010 (letzte BAföG-Erhöhung) um ca. 7% gestiegen. Bis in zwei Jahren dürften mind. weitere 3% dazu kommen, die künftige BAföG-Erhöhung wird also nicht ausgleichen können, was in den Jahren seit 2010 an Kaufkraftverlust aufgelaufen ist.
Veränderung bei mittlerem, geringem oder bisher (knapp) kein BAföG
Da neben dem Bedarf auch die Freibeträge auf das Elterneinkommen angehoben werden (Korrektur zur anfänglichen Fassung dieses Artikels: diese auch nur um ca. 7%) ist die Erhöhung des BAföGs deutlicher, wenn man hier aktuelles und künftiges BAföG nebeneinander stellt. Allerdings nur, wenn man gleichbleibendes Elterneinkommen annimmt, was für die Jahre 2010 bis 2016 ja sicher nicht stimmt (und die Anpassung sollte ja eigentlich ausgleichen, was in diesen Jahren ohne Erhöhung an Lohnerhöhungen angefallen ist). Man sieht hier eher besonders deutlich, wie ausbleibende BAföG-Erhöhungen besonders diejenigen treffen, bei denen das Elterneinkommen zu hoch für den vollen BAföG-Satz ist, aber auch noch nicht so hoch, dass BAföG deutlich entfernt ist („Mittelschichtsloch“).
Neben gleichbleibendem Einkommen rechnen wir sowohl das aktuelle als auch das künftige BAföG alternativ mit 10% höherem Bruttoeinkommen der Eltern und 12% mehr Steuern (wegen der Steuerprogression – ist aber nur eine sehr grobe Annäherung, bei höherem Einkommen steigen die Steuern eher mehr, bei geringem Einkommen auch weniger). Man sieht dadurch sehr deutlich, dass die Erhöhung der Freibeträge schon jetzt nicht ganz ausreichend ist. Die angenommenen 10% Lohnerhöhung seit 2010 sind zwar nicht in allen Branchen erreicht worden, aber in einigen durchaus (vgl. bspw. diese Statistik). Recht sicher dürften sie bis 2016 erreicht sein. Trotzdem haben wir zusätzlich auch mit 7% höherem Bruttoeinkommen (und 8% höheren Steuern) gerechnet.
Vor allem, wenn man auch berücksichtigt, dass für den Ausgleich der Inflation die BAföG-Empfänger schon aktuell ca. 7%, bis 2016 wahrscheinlich 10% mehr BAföG benötigen würden, sehen die folgenden Ergebnisse weniger gut aus, als von der Bundesregierung dargestellt.
Standardfall: Student/in Hochschule, Eltern verheiratet, nicht bei Eltern wohnend, familienversichert, kein relevantes Vermögen oder Einkommen der/des BAföG-Empfänger/in, keine Geschwister
Standardfall mit Jahreseinkommen des angestellten Vaters von 34.000 Euro plus 8.400 Euro steuerfrei (Aufstockung Altersteilzeit), Mutter kein Einkommen, Steuern der Familie: 4.000 Euro. Um 10% erhöhtes Einkommen: 37.400 Euro + 9.240 Euro steuerfrei; 4.480 Euro Steuern. Um 7% erhöhtes Einkommen: 36.380 + 8.988; 4320;
Aktuelles BAföG (seit 2010):
101 EuroBAföG 2016:
207 Euro (+106 Euro)BAföG 2016 mit +7% Einkommen:
118 Euro (+17 Euro)BAföG 2016 mit +10% Einkommen:
80 Euro (-21 Euro)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +7% Einkommen:
12 Euro (-89 Euro)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +10% Einkommen:
0 Euro (-101 Euro; rechnerisch haben die Eltern hier sogar 25 € „zu viel“)
Hinweis: Das Ergebnis bei höherem Einkommen fällt in diesem Fall so ungünstig aus, da auf die steuerfreien Einkünfte keine Sozialpauschale gewährt wird und so die Erhöhung sich stärker auswirkt also bei normalem Einkommen, bei dem auch die Sozialpauschal mitsteigt.
Standardfall mit Jahreseinkommen des angestellten Vaters von 29.000 Euro und der angestellten Mutter von 24.000 Euro, Steuern der Familie: 8.200 Euro. Um 10% erhöhtes Einkommen: 31.900 Euro + 26.400 Euro; 9.184 Euro Steuern. Um 7% erhöhtes Einkommen: 31.030 + 25680; 8856
Aktuelles BAföG (seit 2010):
0 Euro (eigentlich 3 Euro, aber erst ab 10 Euro/Monat würde ausgezahlt)BAföG 2016:
108 Euro (+108 Euro)BAföG 2016 mit +7% Einkommen:
14 EuroBAföG 2016 mit +10% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern nun 9 € „zu viel“)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +7% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern hier sogar 91 € „zu viel“)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +10% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern hier sogar 113 € „zu viel“)
Standardfall, aber bei Eltern wohnend und ein BAföG-fähiges Geschwister mit Jahreseinkommen des angestellten Vaters von 34.000 Euro, Mutter kein Einkommen, Steuern der Familie: 2.450 Euro. Um 10% erhöhtes Einkommen: 37.400 Euro; 2.744 Euro Steuern. Um 7% erhöhtes Einkommen: 36.380 Euro; 2.646 Euro Steuern.
Aktuelles BAföG (seit 2010):
317 EuroBAföG 2016:
373 Euro (+56 Euro)BAföG 2016 +7% Einkommen:
338 Euro (+21 Euro)BAföG 2016 +10% Einkommen:
323 Euro (+6 Euro)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +7% Einkommen:
282 Euro (-35 Euro)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +10% Einkommen:
267 Euro (-50 Euro)
Schüler-BAföG Berufsfachschule, bei Eltern wohnend, unterhaltspflichtiges, nicht-BAföG-berechtiges Geschwister mit 400 Euro eigenem monatlichem Einkommen; Jahreseinkommen des angestellten Vaters von 33.500 Euro und der beamteten Mutter von 7.000 Euro, Steuern der Familie: 3.800 Euro. Um 10% erhöhtes Einkommen: 36.850 Euro + 7.700 Euro; 4.256 Euro Steuern; Geschwister 440 Euro monatlich. Um 7% erhöhtes Einkommen: 35.845 + 7.490; 4104; 428.
Aktuelles BAföG (seit 2010):
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern 31 € „zu viel“)BAföG 2016:
49 Euro (+49 Euro)BAföG 2016 mit +7% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern immer noch 19 € „zu viel“)BAföG 2016 mit +10% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern nun 73 € „zu viel“)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +7% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern hier sogar 98 € „zu viel“)Aktuelles BAföG (seit 2010) mit +10% Einkommen:
0 Euro (rechnerisch haben die Eltern hier sogar 154 € „zu viel“)
Wer selbst nachrechnen will, nutze einfach unserem BAföG-Rechner!
Eine kurze Schlussfolgerung
Die BAföG-Erhöhung ist notwendig, aber eigentlich gar nicht ausreichend. Wollte man den Kreis der BAföG-EmpfängerInnen wirklich ausweiten (insbesondere auch das „Mittelschichtsloch“ wenigstens etwas verkleinern) und die Kaufkraftverluste der BAföG-EmpfängerInnen seit 2010 vollständig ausgleichen, so müsste das 25. BAföG-Änderungsgesetz schon zum kommenden Wintersemester 2014/2015 mit den geplanten Anpassungen der Bedarfssätze und Freibeträge in Kraft treten, die Freibeträge auf das Elterneinkommen sollten sogar noch etwas stärker (ca. 8%) steigen.
Kommen die Anpassungen wie bisher geplant erst zum Wintersemester 2016/2017, so wäre wohl eine Erhöhung der Bedarfssätze um 10 statt um 7 Prozent anzuraten, die Freibeträge beim Elterneinkommen sollten um mehr als 10% steigen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 1. September 2014 veröffentlicht, als das inzwischen beschlossene Gesetz nur als Entwurf vorlag. Wir haben später die Formulierungen angepasst.