BAföGBundesregierung zum "BAföG-Mißbrauch" [UPDATE]
Die FDP-Fraktion hatte Anfang Juni eine kleine Anfrage zum Thema "Strafverfolgung von BAföG-Empfängern" gestellt. In Ihr sind bereits die oben genannten Zahlen enthalten, die schon im März u.a. im FOCUS genannt worden waren. Neuere Zahlen konnte auch die Bundesregierung nicht nennen, nach ihren Angaben werden diese Zahlen nur einmal zum Jahresende ermittelt.
Mit ihrer Anfrage, die insgesamt 18 Fragen enthält, will die FDP offenbar auch ihr Profil als Bürgerrechtspartei schärfen und geht auch auf die Problematik des rückwirkenden Datenabgleichs ein. Dies ist durchaus zu begrüßen, allerdings muss an dieser Stelle auch angemerkt werden, dass nicht bekannt wäre, dass die FDP in Bundesländern, in denen sie mit in der Regierung vertreten wäre, sich gegen den Datenabgleich gewehrt hätte.
Was die FDP fragte und die Bundesregierung antwortete
Im Folgenden die wesentlichen Punkte, die in den Antworten auf die Fragen abgehandelt werden und die von allgemeineren Interesse sein dürften.
Wie es überhaupt zum Datenabgleich kam
Auslöser des Datenabgleichs war letztlich der Bundesrechnungshof, der schon 1999 einen solchen anregte (weil er - mit gewissem Recht - größeren Mißbrauch vermutete). Wie es genau weiterging, stellt die Bundesregierung wie folgt dar: "Auf der Sitzung der obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung Anfang Dezember 1999 beschlossen Bund und Länder daraufhin, eine den Datenabgleich nutzende Überprüfung von zunächst fünf Prozent aller Anträge von Studierenden sowie eine fallbezogene Prüfung von Verdachtsfällen auf verschwiegenes Vermögen vorzunehmen. Auf den Sitzungen der obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung im Februar 2001 und im Januar 2002 verständigten sich Bund und Länder dann darauf, in einem automatisierten Verfahren 100 Prozent aller Fälle abzugleichen. Seitdem wurden bis zum 31. Dezember 2004 insgesamt 110 864 Fälle geprüft."
Zahlen und Daten
Zu den Zahlen der Rückforderungen liegen der Bundesregierung - wie oben schon erwähnt - weiterhin nur die Zahlen zum Stichtag 31.12.2004 vor. Wieviele strafrechtliche Verfahren es gab und wie diese ausgangen sind, dazu liegen der Bundesregierung angeblich keine Daten vor.
Unterschiedliche Vorgehensweise in den Ländern
Zur unterschiedlichen Vorgehensweise der Gerichte in unterschiedlichen Bundesländern will sich die Regierung nicht äußern. "Da die Strafverfolgung und die Ahndung entsprechender Ordnungswidrigkeiten den Behörden der Länder obliegen und die Bundesregierung diesen Behörden gegenüber insoweit keine Aufsichts- und Weisungsbefugnisse hat, nimmt sie zu diesen Fragen auch nicht Stellung. Dies gilt auch für die Strafzumessung, die eine Angelegenheit der unabhängigen Gerichte ist." Es wird noch erwähnt, dass im Strafrechtsausschusses der Justizministerkonferenz (der Länder) mind. zweimal darüber geredet wurde und eine einheitliche Handhabung "angestrebt wurde". Einigkeit bestehe darüber, dass der Ordnungswidrigkeitentatbestand die Strafbarkeit nicht verdrängt.
Erhöhung des Vermögens-Freibetrags 2001 und mögliche weitere Erhöhung
Die Erhöhung des Freibetrags sei 2001 geboten gewesen. "Eine Begründung, warum frühere Bundesregierungen in den 23 Jahren zuvor keine Erhöhung der Vermögensfreibeträge vorgenommen haben, vermag die Bundesregierung nicht zu geben." Trotzdem könne nicht pauschal allen, die kurz vor der Erhöhung den alten Freibetrag über-, den dann eingeführten aber unterschritten haben, ein Bußgeld bzw. eine Strafe erlassen werden. "Inwieweit es im Einzelfall – etwa im Hinblick auf die geringe Höhe des verschwiegenen Vermögens – angezeigt sein mag, aus Gründen des Opportunitätsprinzips von einer Strafverfolgung abzusehen, unterliegt der Beurteilung durch die jeweils zuständigen Justizbehörden der Länder."
Übrigens (das als Bemerkung von Studis Online): Wie mit BAföG-Mißbrauch in den verschiedenen Bundesländern umgegangen wird, kann auch der Übersicht bei bafoeg-rechner.de entnommen werden.
Zur Höhe des Freibetrags und warum dieser nicht weiter erhöht werden könne, kommt es zu einer neuartigen Argumentation: "Würden diejenigen Auszubildenden, denen Vermögen noch größeren Umfangs zur Verfügung stehen, ohne deren Anrechnung während der gesamten BAföG-Förderungsdauer weiter gefördert, so hätten sie anschließend – anders als nicht vermögende Auszubildende – die Möglichkeit, mit dem dann noch unangetasteten Vermögen weitere Studienzeiten zu finanzieren. So würden in systemwidriger und sozialpolitisch nicht zu rechtfertigender Weise spätere erhebliche Überschreitungen der für Studierende sonst geltenden Förderungshöchstdauer mittelbar über das BAföG mitfinanziert."
Eine Erhöhung um 1000 Euro (und jede weitere um diesen Betrag) würde nach Schätzung der Bundesregierung ca. 6 Mio. Euro im Jahr kosten (Bundesanteil 3,5 Mio. Euro, den Rest hätten die Bundesländer zu tragen).
Verständlichkeit der Formblätter
In Bezug auf die Formblätter sieht die Bundesregierung keine wirklichen Versäumnisse. Sie bezieht sich dabei vor allem auf die Hinweise vor der Unterschrift des Antragstellers. Dort findet sich auf aktuellen, aber eben auch auf alten Formblättern: "Ich versichere, dass meine Angaben richtig und vollständig sind und im Druckteil keine Änderungen vorgenommen wurden." und kurz davor: "Mir ist bekannt, [...] dass unrichtige oder unvollständige Angaben oder die Unterlassung von Änderungsanzeigen strafrechtlich verfolgt oder als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden können und dass zu Unrecht gezahlte Beträge zurückgefordert werden".
In einer Antwort auf eine andere Frage heißt es dann: "bei der Überarbeitung der Formblätter [wurden] aufgrund erfolgter Rechtsänderungen und Erfahrungen in der Verwaltungspraxis Konsequenzen aus dem aufgedeckten Leistungsmissbrauch gezogen. Neben einer besseren Übersichtlichkeit und einer bürgerfreundlicheren Gestaltung enthalten die neuen Formblätter neben dem Hinweis auf strafrechtliche Verfolgung bzw. die Ahndung als Ordnungswidrigkeit und die Rückforderung von BAföG-Leistungen auch den Hinweis darauf, dass die Erklärungen zum Vermögen durch einen Datenabgleich beim Bundesamt für Finanzen überprüft werden können. [...] Die Hemmschwelle für die bewusste Abgabe falscher bzw. unvollständiger Angaben dürfte damit erheblich gestiegen sein."
Start des Datenabgleichs und Schwierigkeiten dabei
Die FDP hatte auch gefragt, warum sich der Start des Datenabgleich verzögert hatte und wieviele Fälle seit damals dazu gekommen seien. Die Bundesregierung führt dazu an, dass es "technische Schwierigkeiten" gegeben habe. Vor allem auch durch die "äußerst angespannten Personallage in vielen Ämtern für Ausbildungsförderung war es erforderlich zuzulassen, dass mit der praktischen Durchführung des Abgleichs von den Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten begonnen wurde. [...] Eine Angabe dazu, wie viele Fälle von BAföG-Missbrauch seit Juli 2001 hinzugekommen sind, ist nicht möglich. Nicht alle Länder führen im Hinblick auf die Datenabgleichsjahre getrennte Statistiken."
Quellen
Mit ihrer Anfrage, die insgesamt 18 Fragen enthält, will die FDP offenbar auch ihr Profil als Bürgerrechtspartei schärfen und geht auch auf die Problematik des rückwirkenden Datenabgleichs ein. Dies ist durchaus zu begrüßen, allerdings muss an dieser Stelle auch angemerkt werden, dass nicht bekannt wäre, dass die FDP in Bundesländern, in denen sie mit in der Regierung vertreten wäre, sich gegen den Datenabgleich gewehrt hätte.
Was die FDP fragte und die Bundesregierung antwortete
Im Folgenden die wesentlichen Punkte, die in den Antworten auf die Fragen abgehandelt werden und die von allgemeineren Interesse sein dürften.
Wie es überhaupt zum Datenabgleich kam
Auslöser des Datenabgleichs war letztlich der Bundesrechnungshof, der schon 1999 einen solchen anregte (weil er - mit gewissem Recht - größeren Mißbrauch vermutete). Wie es genau weiterging, stellt die Bundesregierung wie folgt dar: "Auf der Sitzung der obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung Anfang Dezember 1999 beschlossen Bund und Länder daraufhin, eine den Datenabgleich nutzende Überprüfung von zunächst fünf Prozent aller Anträge von Studierenden sowie eine fallbezogene Prüfung von Verdachtsfällen auf verschwiegenes Vermögen vorzunehmen. Auf den Sitzungen der obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung im Februar 2001 und im Januar 2002 verständigten sich Bund und Länder dann darauf, in einem automatisierten Verfahren 100 Prozent aller Fälle abzugleichen. Seitdem wurden bis zum 31. Dezember 2004 insgesamt 110 864 Fälle geprüft."
Zahlen und Daten
Zu den Zahlen der Rückforderungen liegen der Bundesregierung - wie oben schon erwähnt - weiterhin nur die Zahlen zum Stichtag 31.12.2004 vor. Wieviele strafrechtliche Verfahren es gab und wie diese ausgangen sind, dazu liegen der Bundesregierung angeblich keine Daten vor.
Unterschiedliche Vorgehensweise in den Ländern
Zur unterschiedlichen Vorgehensweise der Gerichte in unterschiedlichen Bundesländern will sich die Regierung nicht äußern. "Da die Strafverfolgung und die Ahndung entsprechender Ordnungswidrigkeiten den Behörden der Länder obliegen und die Bundesregierung diesen Behörden gegenüber insoweit keine Aufsichts- und Weisungsbefugnisse hat, nimmt sie zu diesen Fragen auch nicht Stellung. Dies gilt auch für die Strafzumessung, die eine Angelegenheit der unabhängigen Gerichte ist." Es wird noch erwähnt, dass im Strafrechtsausschusses der Justizministerkonferenz (der Länder) mind. zweimal darüber geredet wurde und eine einheitliche Handhabung "angestrebt wurde". Einigkeit bestehe darüber, dass der Ordnungswidrigkeitentatbestand die Strafbarkeit nicht verdrängt.
Erhöhung des Vermögens-Freibetrags 2001 und mögliche weitere Erhöhung
Die Erhöhung des Freibetrags sei 2001 geboten gewesen. "Eine Begründung, warum frühere Bundesregierungen in den 23 Jahren zuvor keine Erhöhung der Vermögensfreibeträge vorgenommen haben, vermag die Bundesregierung nicht zu geben." Trotzdem könne nicht pauschal allen, die kurz vor der Erhöhung den alten Freibetrag über-, den dann eingeführten aber unterschritten haben, ein Bußgeld bzw. eine Strafe erlassen werden. "Inwieweit es im Einzelfall – etwa im Hinblick auf die geringe Höhe des verschwiegenen Vermögens – angezeigt sein mag, aus Gründen des Opportunitätsprinzips von einer Strafverfolgung abzusehen, unterliegt der Beurteilung durch die jeweils zuständigen Justizbehörden der Länder."
Übrigens (das als Bemerkung von Studis Online): Wie mit BAföG-Mißbrauch in den verschiedenen Bundesländern umgegangen wird, kann auch der Übersicht bei bafoeg-rechner.de entnommen werden.
Zur Höhe des Freibetrags und warum dieser nicht weiter erhöht werden könne, kommt es zu einer neuartigen Argumentation: "Würden diejenigen Auszubildenden, denen Vermögen noch größeren Umfangs zur Verfügung stehen, ohne deren Anrechnung während der gesamten BAföG-Förderungsdauer weiter gefördert, so hätten sie anschließend – anders als nicht vermögende Auszubildende – die Möglichkeit, mit dem dann noch unangetasteten Vermögen weitere Studienzeiten zu finanzieren. So würden in systemwidriger und sozialpolitisch nicht zu rechtfertigender Weise spätere erhebliche Überschreitungen der für Studierende sonst geltenden Förderungshöchstdauer mittelbar über das BAföG mitfinanziert."
Eine Erhöhung um 1000 Euro (und jede weitere um diesen Betrag) würde nach Schätzung der Bundesregierung ca. 6 Mio. Euro im Jahr kosten (Bundesanteil 3,5 Mio. Euro, den Rest hätten die Bundesländer zu tragen).
Verständlichkeit der Formblätter
In Bezug auf die Formblätter sieht die Bundesregierung keine wirklichen Versäumnisse. Sie bezieht sich dabei vor allem auf die Hinweise vor der Unterschrift des Antragstellers. Dort findet sich auf aktuellen, aber eben auch auf alten Formblättern: "Ich versichere, dass meine Angaben richtig und vollständig sind und im Druckteil keine Änderungen vorgenommen wurden." und kurz davor: "Mir ist bekannt, [...] dass unrichtige oder unvollständige Angaben oder die Unterlassung von Änderungsanzeigen strafrechtlich verfolgt oder als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden können und dass zu Unrecht gezahlte Beträge zurückgefordert werden".
In einer Antwort auf eine andere Frage heißt es dann: "bei der Überarbeitung der Formblätter [wurden] aufgrund erfolgter Rechtsänderungen und Erfahrungen in der Verwaltungspraxis Konsequenzen aus dem aufgedeckten Leistungsmissbrauch gezogen. Neben einer besseren Übersichtlichkeit und einer bürgerfreundlicheren Gestaltung enthalten die neuen Formblätter neben dem Hinweis auf strafrechtliche Verfolgung bzw. die Ahndung als Ordnungswidrigkeit und die Rückforderung von BAföG-Leistungen auch den Hinweis darauf, dass die Erklärungen zum Vermögen durch einen Datenabgleich beim Bundesamt für Finanzen überprüft werden können. [...] Die Hemmschwelle für die bewusste Abgabe falscher bzw. unvollständiger Angaben dürfte damit erheblich gestiegen sein."
Start des Datenabgleichs und Schwierigkeiten dabei
Die FDP hatte auch gefragt, warum sich der Start des Datenabgleich verzögert hatte und wieviele Fälle seit damals dazu gekommen seien. Die Bundesregierung führt dazu an, dass es "technische Schwierigkeiten" gegeben habe. Vor allem auch durch die "äußerst angespannten Personallage in vielen Ämtern für Ausbildungsförderung war es erforderlich zuzulassen, dass mit der praktischen Durchführung des Abgleichs von den Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten begonnen wurde. [...] Eine Angabe dazu, wie viele Fälle von BAföG-Missbrauch seit Juli 2001 hinzugekommen sind, ist nicht möglich. Nicht alle Länder führen im Hinblick auf die Datenabgleichsjahre getrennte Statistiken."
Quellen
- Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (Drucksache 15/5641 als PDF, vom 01.06.2005)
- Antwort der Bundesregierung (Drucksache 15/5807 als PDF, vom 22.06.2005, online erst seit 06./07.07.2005)