Studieren wird teurerKürzungen beim Kindergeld und anderes
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) weist in einer Pressemitteilung auf die unangenehmen Folgen der in den letzten Tagen beschlossenen Sparmaßnahmen der Bundesregierung für Studierende hin. Zusammen mit dem stagnierenden BAföG, den Studiengebührenplänen mancher Bundesländer (eine Übersicht findet sich hier) und Kürzungen bei den Zuschüssen für den Studentenwerken besteht die Gefahr, dass vor allem Studierende aus finanzschwachen Haushalten ein Studium nicht mehr oder nur noch in der Kurzform (Bachelor) aufnehmen werden.
"In Deutschland zu studieren wird immer teurer und immer schwieriger", warnt Prof. Dr. Hans-Dieter Rinkens, Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW). "Die gestern im Kabinett gefassten Beschlüsse, die Mehrwertsteuer zu erhöhen und die Altersgrenze beim Kindergeld zu senken, belasten die Studierenden und ihre Eltern finanziell erheblich." Auch andere politische Entscheidungen von Bund und Länder verteuern laut Rinkens das Studium (siehe den vorigen Absatz). "All dies sind beträchtliche Belastungen für die Studierenden und ihre Eltern. Wie angesichts einer solchen Politik mehr junge Menschen für ein Studium mobilisiert werden sollen, bleibt das Geheimnis der Großen Koalition", kritisiert Rinkens. Er sieht das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel der Bundesregierung akut gefährdet, dass in Zukunft 40% eines Jahrgangs ein Studium aufnehmen sollen.
Die geplanten Kürzungen und sonstigen (fehlenden) Maßnahmen von Bund und Ländern, die Studierende betreffen:
Kindergeld nur noch bis 25
Die Bundesregierung hat beschlossen, Kindergeld für alle 1983 oder danach Geborenen nur noch bis 25 und nicht mehr bis 27 zu bezahlen. Das Deutschen Studentenwerk weist mit Recht darauf hin, dass so Studierenden ausgerechnet in der Examens- und Abschlussphase betoffen werden, im Bundesdurchschnitt sind Studierende dann 28 Jahre alt.
Höhere Pauschalabgaben auf Mini-Jobs
Die Arbeitgeberpauschale auf Mini- bzw. 400-Euro-Jobs wird von 25 auf 30% angehoben. Es steht zu befürchtet, dass dadurch viele Mini-Jobs verschwinden und die Studierenden eine wichtige Einkommensquelle verlieren. 68% aller Studierenden jobben nebenbei, viele in Mini-Jobs.
Höhere Mehrwertsteuer Dass die Mehrwertsteuer erhöht wird, trifft laut Rinkens vor allem jene Studierenden, die bereits jetzt mit sehr wenig auskommen müssen. "Wir wissen dank unserer Sozialerhebungen, wie es den Studierenden sozial und finanziell geht. Ein Viertel muss mit weniger als 600 Euro im Monat auskommen. Das sind sogar 40 Euro weniger, als die Familiengerichte derzeit als Orientierungswert für den studentischen Bedarf ansetzen."
BAföG
Rund ein Viertel der Studierenden bezieht BAföG, um sich ein Studium überhaupt leisten zu können. Seit 2002 wurde das BAföG nicht mehr an die Preis- und Einkommentwicklung angepasst. Eine Erhöhung ist auch dieses Jahr nicht vorgesehen - siehe den Artikel Mehr Geld für das Bildungsministerium, trotzdem keine Verbesserung des BAföG
Studiengebühren
In Niedersachsen und teilweise Nordrhein-Westfalen werden ab dem kommenden Wintersemester bei Erstsemestern Studiengebühren von 500 Euro im Semester erhoben, ab dem Sommersemester 2007 dann bei allen (und in weiteren Bundesländern, siehe hier). Das erhöht die monatlichen Kosten des Studiums um 83 Euro. DSW-Präsident Rinkens erinnert daran: "Ausbildungskosten müssen die Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zahlen, das gilt auch für die Kosten eines Hochschulstudiums." - Mögliche Folge: Eltern werden ihre Kinder dazu drängen, schnell oder gar nicht zu studieren.
Kürzungen bei den Studentenwerken
Dass die Preise in den Mensen und Mieten in Wohnheimen steigen und insbesondere der Semesterbeitrag, bekommen viele Studierende mit. Woran das liegt, ist den meisten aber wahrscheinlich unklar: Immer mehr Bundesländer kürzen ihre Zuschüsse an die Studentenwerke; in Nordrhein-Westfalen sollen sie zum Beispiel in diesem Jahr um 20% gekürzt werden. Der DSW-Präsident Rinkens erläutert: "Für die Studentenwerke bedeutet das, dass sie ihr Leistungsangebot schmälern und zum Beispiel Beratung oder Kinderbetreuung zurückfahren oder streichen müssen. Das würde die sozialen Rahmenbedingungen des Studiums verschlechtern. Die Alternative: Höhere Sozialbeiträge, höher Mensapreise, höhere Wohnheimmieten. So oder so: Leidtragende wären die Studiererenden."
Bundestag muss einigen Änderungen noch zustimmen
Zu den ersten drei genannten Punkten muss der Bundestag noch zustimmen. Die Aussichten, dass es dabei noch zu substantiellen Verbesserungen kommt, ist allerdings zur Zeit nicht groß, solange keine größeren Proteste sichtbar werden.
Leider sind die Studierenden in diesen Tagen in der öffentlichen Wahrnehmung eher mit Protesten gegen Studiengebühren beschäftigt (siehe die aktuellen Artikel zur Lage Hessen oder Nordrhein-Westfalen), als dass noch Platz für weitere Forderungen wäre. Dabei wird die BAföG-Problematik durchaus von informierten Studierenden gesehen - nur kommt das in der Öffentlichkeit kaum an. Vermutlich wird es daher auch dieses Jahr dabei bleiben: Keine Anpassung des BAföGs - faktisch also eine Verschlechterung.
Noch weniger wahrgenommen - weil auch von Land zu Land unterschiedlich drastisch - werden die Kürzungen bei den Studentenwerken.
Was bleibt? Lobbyarbeit! Wenn tausende Studierende ihren jeweiligen Bundestagsabgeordnete individuell die Probleme erläutern würden, dann würde das vielleicht mehr bewirken, als wenn es "nur" (auch wenn das keinesfalls falsch ist) ein paar Demonstrationen gibt, deren Forderungen in den Medien sowieso nur verkürzt dargestellt werden (können).
Hintergrund: Pressemitteilung "Studieren wird teurer!" des Deutschen Studentenwerks vom 11.05.2006
Bitte beachten, dass die Lizenz nur für diesen Artikel-Text und nicht etwa für das ganze Angebot von Studis Online gilt. Nur Artikel, unter denen sich explizit ein solcher Hinweis findet, dürfen im Rahmen der Bedingungen verwendet werden. Es kann bei anderen Artikeln auch von dieser Lizenz abweichende Lizenzen geben, also bitte genau lesen und beachten!