Hochschulpolitik/StudienfinanzierungGEZ-Befreiung und mögliche Härtefälle
Auch auf den Webseiten der GEZ (Stand 22.06.2006) zum Thema Rundfunkgebührenbefreiung kann man kein Wort dazu lesen, dass es eine Härtefallregelung in den Paragraphen des Rundfunkgebühren-
Auch wenn sich jemand durch den (immerhin verlinkten Staatsvertrag) durchgekämpft hat (oder auf unseren GEZ-Seiten von der Härtefallregelung gelesen hat) und auf die Härtefallklausel in § 6 Abs. 3 RGebStV Bezug nimmt, wurde er oder sie bisher von der GEZ meist ohne große Begründung abgewiesen. Es sind daher einige Klagen anhängig, bspw. in Köln.
Nachdem im Februar von einem erfolgreichen Gerichtsverfahren gegen die GEZ zu hören war, bei der die GEZ zur Gewährung der Befreiung aufgefordert wurde, stellte ich der GEZ einige Fragen.
- Wie ich auf den Webseiten des Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V. erfahren konnte hat das Verwaltungsgericht Berlin festgestellt, "dass ein Härtefall im Sinne des § 6 Abs. 3 RgebStV dann anzunehmen ist, wenn - erstens - kein in § 6 Abs. 1 RgebStV geregelter Fall vorliegt, - zweitens - die Einkommensverhältnisse im Einzelfall den in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 RgebStV genannten Fällen entsprechen, also eine ‚vergleichbare Bedürftigkeit’ vorliegt" (Verwaltungsgericht Berlin, 27. Kammer, VG 27 A 229.05, Beschluss vom 25. Januar 2006).
Ich arbeite als freier Journalist und Betreiber eines Online- Portals für Studierende ( https://www.studis-online.de ) und bin daher sehr daran interessiert, inwieweit diese Entscheidung sich auch für Studierende auswirken könnte. Denn hier gibt es ja eine nicht unerhebliche Gruppe, die grundsätzlich kein BAföG mehr erhalten kann (und daher auf "normalem" Wege keine Rundfunkgebührenbefreiung bekommen), trotzdem aber ebenfalls "vergleichbar" bedürftig sein dürften.
1. Inwieweit wurden bisher Härtefälle zugelassen?
2. Hat sich durch das genannte Urteil an Ihrer Praxis der Vergabe von Rundfunkgebührenbefreiungen etwas geändert?
3. Haben Sie grundsätzliche Kriterien, wann ein Härtefall vorliegt bzw. arbeiten Sie an solchen Kriterien insbesondere als Folge der genannten Gerichtsentscheidung?
4. Können Studierende, die kein BAföG bekommen, unter solche Härtefälle fallen? Wenn nein, warum nicht?
5. Ist Ihnen bekannt, wie viele Gerichtsverfahren wegen Nichtgewährung einer Rundfunkgebührenbefreiung zur Zeit anhängig sind?
Die Antwort liest sich wie folgt und ist nicht sonderlich positiv. Die entscheidende Stelle habe ich kursiv gestellt. Eine Diskussion dazu kann gerne im Forum Rund ums Geld geführt werden.
- Mit der Gesetzesänderung vom 01.04.2005 wurden die Befreiungskriterien für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ausschließlich in § 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) geregelt. Die Befreiungsverordnungen der Länder sind zum gleichen Zeitpunkt außer Kraft getreten.
Sämtliche Befreiungstatbestände knüpfen nun an den Empfang bestimmter staatlicher Leistungen, wie z.B. Arbeitslosengeld II oder BAföG an und sind an einen Leistungsbescheid oder Schwerbehindertenausweis mit RF-Merkzeichen gebunden. Die Gewährung einer Befreiung ist damit unabhängig von der Höhe des Einkommens. Dieser Grundsatz gilt auch für Studenten, die kein BAföG erhalten, bzw. Studierende mit geringem Einkommen.
Der Gesetzgeber hat die Fälle, in denen aus finanziellen Gründen Rundfunkgebührenbefreiung zu gewähren ist, ganz bewusst und abschließend in § 6 Abs. 1 RGebStV geregelt. Alle Befreiungstatbestände für den Kreis einkommensschwacher Personen knüpfen an die in § 6 Abs. 1 RGebStV im Einzelnen genannten sozialen Leistungen an und setzen voraus, dass diese mit schriftlichem Bescheid der entsprechenden Behörde nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 2 RGebStV). Nur bei Vorliegen eines solchen Bescheides (z.B. Gewährung von BAföG oder Arbeitslosengeld II) darf die Landesrundfunkanstalt Gebührenbefreiung gewähren.
Kann das Vorliegen der in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Befreiungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen werden, scheidet nach dem Willen des Gesetzgebers eine Gebührenbefreiung grundsätzlich aus. Mit der genannten Regelung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass das Befreiungsverfahren deutlich vereinfacht wird und umfangreiche, schwierige Berechnungen und Ermittlungen bei der Befreiung entfallen.
Nur für Fälle, die der Gesetzgeber bei Einführung der neuen Regelungen am 01.04.2005 noch nicht vorhersehen konnte, hat er § 6 Abs. 3 RGebStV in das Gesetz aufgenommen.
Nach § 6 Abs. 3 RGebStV kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien.
§ 6 Abs. 3 RGebStV stellt keinen Auffangtatbestand dar, der stets dann greift, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV nicht vorliegen. Wer die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV nicht erfüllt, soll nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch nicht von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden. Eine Erweiterung der Fallgruppen nach § 6 Abs. 1 RGebStV soll durch § 6 Abs. 3 RGebStV ebenso wenig vorgenommen werden wie eine Umgehung der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen.
Wird eine Befreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV beantragt, so müssen die Antragsteller - in Ihren Fällen die Studierenden - in materieller Hinsicht darlegen, aus welchen Gründen sie keine sozialen Leistungen im Sinne von § 6 Abs. 1 RGebStV erhalten. Das Vorliegen einer vergleichbaren Bedürftigkeit mit Empfängern von Sozialleistungen nach § 6 Abs. 1 RGebStV ist also im Einzelfall vorzutragen. Erst dann kann beurteilt werden, ob ein atypischer Sachverhalt vorliegt, den der Gesetzgeber, hätte er ihn mit seinen Folgen gekannt, so nicht zu Lasten des jeweiligen Antragstellers geregelt hätte.
Hat der Antragsteller oben beschriebene Umstände vorgetragen, wird abgewogen, ob das öffentliche Interesse an der Erhebung aller der Rundfunkanstalt zustehenden Rundfunkgebühren das Interesse an der Befreiung von der Gebührenpflicht überwiegt.
Eine pauschalierte Aussage zu den Erfolgsaussichten eines Antrages gemäß § 6 Abs. 3 RGebStV für Studenten mit geringem Einkommen lässt sich nicht treffen.
Diese Vorgehensweise entspricht auch der bisherigen Rechtssprechung der Verwaltungsgerichte. Die von Ihnen zitierte Entscheidung betrifft lediglich einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin. Im Rahmen des Gebührenbefreiungsverfahrens erhielt die Antragstellerin im Vorgriff auf die zu erwartende neue gesetzliche Regelung des neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags eine Befreiung aus besonderen Härtegründen, da sie Empfängerin von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) ist und dies durch Vorlage des entsprechenden Sozialleistungsbescheids nachweisen konnte.
Die GEZ und die Landesrundfunkanstalten arbeiten kontinuierlich an einer Optimierung und Vereinfachung des Befreiungsverfahrens. Eine konkrete Zahl bzgl. anhängiger Klageverfahren im Bereich der Rundfunkgebührenbefreiung lässt sich nicht konkret nennen. Bekannt ist, dass in jedem Bundesland Verfahren zu dieser Frage anhängig sind.
Ergänzung am 26.10.2006: Es liegt inzwischen ein Urteil des OVG Lüneburg (also in zweiter Instanz) vor, das sich mehr oder weniger der Argumentation der GEZ anschließt (Aktenzeichen 12 LC 87/06). Insofern sinken die Chancen darauf, dass Studierende ohne BAföG-Bezug und "nur" mit wenig Einkommen eine Rundfunkgebührenbefreiung erstreiten können.