17. BAföG-BerichtBAföG rauf? Die Bundesregierung sagt nein
Laut Bericht ist die Zahl der geförderten Studierenden 2005 auf 345.000 gestiegen. Dies ist der höchste Wert seit Anfang der 1990er Jahre - aber noch weit von den 442.000 Geförderten 1992 entfernt. Bei damals 1.754.000 Studierenden - 2005 waren es 1.916.000.
Betrachtet man den Anteil der BAföG-Geförderten bezogen auf diejenigen, die dem Grunde nach BAföG erhalten können (dass sind alle, die sich noch in der Regelstudienzeit des Erststudiums befinden, 2005 waren dies 1.372.000), so ist der Wert gefallen (2005: 25,1%; 2003: 25.6%) - kein gutes Zeichen.
Steigend ist jedoch die Zahl der Auszubildenden, die Auslands-BAföG erhalten haben. Im Jahr 2005 wurden 19.518 Auszubildende im Ausland gefördert, dies bedeutet im Vergleich zu 2003 einen Anstieg um 23 %.
Der BAföG-Bericht gibt dazu - durchaus vorsichtige - Hinweise, wie stark das BAföG erhöht werden sollte. Selbst nach dieser eher sehr knapp kalkulierten Rechenweise (also möglichst günstig für den Bundeshaushalt) wäre eine Anhebung der Bedarfssätze um 3,5% und der Freibeträge um 1% nötig. Wollte man das Niveau des BAföG vollkommen erhalten wollen, muss man sogar mehr fordern - wie es beispielsweise der Beirat für Ausbildungsförderung direkt im Kapitel IV des Berichts tut (siehe weiter unten).
BAföG-Aufstockung wird von Bundesregierung zurückgewiesen - Kritik von fast allen Seiten
Schon im Vorfeld des BAföG-Berichts hatte demgegenüber die Bundesregierung die Forderung zurückgewiesen, die Förder- und Freibeträge beim BAföG zu erhöhen. Auch im BAföG-Bericht selbst ist dies nun so zu lesen. Die Sanierung des Staatshaushalts habe höchste Priorität. Ein schlechtes, wenn nicht gar peinliches Argument im Angesicht unerwartet hoher Steuereinnahmen in 2006. Und sowieso ungeeignet, wenn man - wie das die Regierung ja immer noch behauptet - die Studierquote erhöhen will. Von - schon jetzt zunehmender - sozialer Selektion gar nicht zu Reden.
Das Deutsche Studentenwerk fordert stattdessen: "Keine weitere Nullrunde beim BAföG!"DSW-Präsident Prof. Dr. Rolf Dobischat sagt: "Es kann nicht sein, dass eine Bundesregierung zum dritten Mal seit 2003 und 2005 in ihrem BAföG-Bericht Verbesserungen für notwendig erachtet - und dann genau dies unterlässt!" Nach Auffassung des DSW müssten die Freibeträge und Bedarfssätze um 8 bzw. 10% erhöht werden.
Die Bundesregierung hat übrigens - von vielen unbemerkt - in einer Antwort auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu Studienkrediten aus dem (relativen) Erfolg von Studienkrediten die Schlussfolgerung gezogen, es gebe "keinerlei Veranlassung für Anpassungen im BAföG". Dieser Behauptung stellt sich DSW-Präsident Rolf Dobischat deutlich entgegen: "Das BAföG ist eine verfassungsmäßig verankerte Investition in begabte Menschen und damit die Zukunft unseres Landes; ein Studienkredit ist ein Kredit, er wird nie jene segensreiche gesellschaftliche Wirkung haben wie das BAföG."
Der im BAföG-Gesetz vorgeschriebene Beirat für Ausbildungsförderung, in dem neben Auszubildenden und Lehrenden unter anderem Vertreter aus BAföG-Ämtern und Behörden sitzen, hat sich ebenfalls kritisch geäußert - direkt im Anhang des BAföG-Berichtes. Im Punkt 3 heißt es konkret: "Um im Jahr 2007 wieder das Förderniveau des Jahres 2002 und damit den Stand nach der letzen Anpassung zu erreichen, müssten die Freibeträge damit insgesamt um rund 8,7% oder etwa 125 Euro und die Bedarfssätze um rund 10,3 % , also etwa 48 Euro für Studierende bzw. 36 Euro für Schüler erhöht werden."
Besonders deutlich wird das in Punkt 4 seiner Anmerkungen: "Vor dem Hintergrund der wichtigen Ziele der Chancengleichheit und Ausschöpfung der Bildungsreserven in der Bevölkerung hält der Beirat für Ausbildungsförderung deshalb eine Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge für dringend erforderlich; dies insbesondere, weil der Ausbau von Studienplätzen im Rahmen des Hochschulpaktes auch einer sozialen Flankierung bedarf."
Nebenbei gibt er auch zu verstehen, dass auch niedrig verzinste (Staats-)Darlehen oder gar (eher höher verzinste) Studienkredite eben keine gute Alternative sein können: "Der Beirat für Ausbildungsförderung sieht es mit Sorge, dass es durch die verschiedenen Instrumente darlehensweiser Förderung (Staatsdarlehen, BAföG-Bankdarlehen, Bildungskredit, KFW-Studienkredit, Kredite für Studiengebühren etc.) zu einer Zersplitterung im System der Ausbildungsförderung kommt. Dies gilt insbesondere, weil die Instrumente teilweise unkoordiniert nebeneinander stehen, für die Studierenden intransparent sind und zu einer nicht überschaubaren und in vielen Fällen zu einer nicht tragbaren Darlehensbelastung führen können. Zu befürchten ist, dass Personen aus einkommensschwächeren Haushalten auf diese Weise davon abgehalten werden, ein Studium aufzunehmen."
Verschiedene Verbände haben vor kurzem die Kampagne BAföG rauf! gestartet. Mit der geplanten Novelle sind zwar die letzten beiden Forderungen (Berücksichtigung Kindererziehung, einfacheres BAföG für MigrantInnen) der Kampagne mehr oder weniger erfüllt. Aber die wesentlicheren Punkte wie die Forderung "das BAföG regelmäßig zu erhöhen und damit an die Kostensteigerungen der letzten Jahre anzupassen" keineswegs. Näheres zur Kampagne - inklusive Möglichkeit, sie per Online-Unterschrift zu unterstützen:
BAföG-Modernisierung aus Sicht der CDU/CSU
Die bildungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Aigner, geht heute in einer Presseerklärung auf die geplanten Änderungen des BAföG-Gesetzes ein, ignoriert die oben erwähnte Kritik aber völlig. Sie spricht davon, dass BAföG "modernisieren" zu wollen. Sie führt hier vor allem den Kinderbetreuungszuschlag von 113 Euro pro Kind an. Dass diese Verbesserung durch Verschlechterungen bei der BAföG-Rückzahlung erkauft wird - kein Wort dazu.
Auch die vermeintliche Erleichterung der Auslandsausbildung ist in Wahrheit teuer erkauft. Zwar soll man in Zukunft nicht erst ein Jahr in Deutschland studieren müssen, sondern kann direkt im EU-Ausland beginnen. Allerdings dürfte dies nur wenige betreffen. Alle müssen aber in Kauf nehmen, dass es - jedenfalls nach bisherigem Entwurf - keinen Auslandszuschlag (bei Studium außerhalb der EU) mehr geben soll. Und wer Studiengebühren zahlen muss (was in vielen Ländern leider unvermeidlich ist), bekommt diese zwar durch das BAföG vorgestreckt. In Zukunft soll dieser Teil aber ein verzinsliches Bankdarlehen sein - bisher war es ein Vollzuschuss. D.h. die Schulden würden stark steigen, dieses Darlehen würde auch nicht unter die 10.000 Euro Schuldengrenze für "normales" BAföG fallen. All diese Nachteile werden in der Pressemitteilung verschwiegen.
Nur zwei Verbesserungen sind nicht direkt mit Nachteilen an anderer Stelle erkauft: Für MigrantInnen sind die Bedingungen für das BAföG erleichtert und sollen nicht mehr von der vorherigen Mindesterwerbsdauer ihrer Eltern in Deutschland abhängen - sofern die (potentiellen) Geförderten länger in Deutschland leben.
Und die Verdienstgrenze wird erhöht - alle BAföG-EmpfängerInnen sollen bis zu 400 Euro monatlich ohne Abzüge verdienen können (bisher sind es bei Studierenden 350 Euro, bei SchülerInnen noch weniger).
Die fehlende Anhebung der Förderbeträge wird von der Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion nicht einmal bedauert. Stattdessen wird am Ende ausgerechnet auf den KfW-Studienkredit hingewiesen, der zusammen mit dem BAföG für "Chancengerechtigkeit" sorge. Offenbar hat MdB Aigner da einen deutlich anderen Gerechtigkeitsbegriff als beispielsweise das Deutsche Studentenwerk.
Quellen und weitere Infos
- Kabinett beschließt siebzehnten BAföG-Bericht (Presseerklärung BMBF, 16.01.2007)
- 17. BAföG-Bericht (PDF, ca. 568 kB)
- "Keine weitere Nullrunde beim BAföG!" (Presseerklärung des DSW, 16.01.2007)
- Aigner: BAföG modernisieren (Pressemitteilung CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, 16.01.2007)
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