EnttäuschungBAföG-Erhöhung geringer, Kinderzuschlag später
Das BAföG war dieses Jahr schon oft Thema. Anfang des Jahres wurde eine kleine BAföG-Novelle vom Bundeskabinett beschlossen, die im Herbst dieses Jahres in Kraft treten sollte. Erhöhungen der BAföG-Sätze waren nicht Inhalt und die ursprünglichen Fassung sollte vollkommen haushaltsneutral sein. Das bedeutet, Verbesserungen auf der einen Seite sollten mit Verschlechterungen an anderer Stelle erkauft werden.
Als Verbesserung wurde vor allem ein Kinderzuschlag für Studierende mit Kind herausgestellt. Geplant waren 113 Euro Zuschlag als Zuschuss für alle Studierende, die mindestens ein Kind unter 10 Jahren betreuen. Für alle Studierende (und SchülerInnen) wäre der erhöhte Einkommensfreibetrag von Vorteil gewesen, ebenso die Möglichkeit, das Studium direkt im Ausland zu beginnen.
Auf der anderen Seite sollte es für das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nicht mehr automatisch elternunabhängiges BAföG geben. Beim Auslands-BAföG sollten bisherige Zuschüsse zukünftig nur noch als Darlehen gewährt werden.
Novelle kommt ins Stocken
Die geplante Novelle für dieses Jahr wurde dann aber nicht so schnell weiter gebracht, wie es nötig gewesen wäre. Ein Grund dürfte gewesen sein, dass es gegen die Verschlechterungen doch einigen Widerspruch gab. Zeitweise hofften manche – auch im Hinblick auf die bekanntwerdenden größeren Einnahmen des Staates – darauf, dass nur noch die Verbesserungen kommen.
Mitte Mai gab es eine Anhörung im Bundestag dazu. Der Entwurf der Novelle war entgegen mancher Hoffnungen fast unverändert geblieben (enthielt also weiter die oben genannten Vor- und Nachteile bei geringer Abschwächung einiger Nachteile). Die Experten waren sich einig: Eine Novelle, bei der alle Vorteile mit Nachteilen an anderer Stelle verbunden sind, kann nicht als Fortschritt bezeichnet werden. Noch viel entscheidender sei aber – auch hier waren sich die Experten einig –, dass eine Erhöhung der Freibeträge und Fördersätze dringend notwendig sei. Und genau das war gar nicht Teil der Novelle.
BildungspolitikerInnen der SPD wollten diese Aussagen der Experten aufgreifen und schlugen vor, schon in die aktuelle Novelle deutliche Erhöhungen der BAföG-Bedarfssätze und Freibeträge im Jahr 2008 mit hinein zu schreiben. Zusätzlich sollten die Verschlechterungen der kleinen Novelle möglichst gestrichen werden.
Weniger und später
SPD und CDU konnten sich offenbar nicht mehr darauf verständigen, wie man die kleine Novelle noch vor der Sommerpause durchbringt – vermutlich auch wegen unterschiedlicher Ansichten, was nun noch geändert werden soll bzw. ergänzt.
Ergebnis: die kleine Novelle wird erst im Herbst oder noch später verabschiedet werden und kann somit frühestens (und auch nur teilweise) im Laufe des Wintersemesters in Kraft treten. Welchen Umfang sie genau haben wird, ob die Verschlechterungen bleiben oder nicht – das ist noch nicht ganz klar.
Im Rahmen der Haushaltsplanungen für 2008 (Infos des BMBF dazu hier) meldeten verschiedene Medien, dass die Erhöhung beim BAföG nur 5% betragen solle. Damit würde die für Wintersemester 2008/2009 avisierte Erhöhung des BAföGs deutlich geringer ausfallen, als sie eigentlich nach übereinstimmender Meinung aller Experten, die dazu vom Bildungsausschuss des Bundestages befragt wurden, ausfallen müsste. Da die Beträge seit 2001 unverändert sind, wären 10% angebracht – wenn die Erhöhung noch 2007 kommen würde. 2008 müssten es also schon mehr als 10% sein.
Wie ein Sprecher des BMBFs am 5. Juli auf telefonische Nachfrage einräumte, ist die im Haushaltsentwurf 2008 vorgesehenen Erhöhung der Mittel des BAföGs tatsächlich nur für eine Erhöhung der Bedarfssätze "im Bereich" von 5% ausreichend (die Freibeträge sollen demnach sogar nur "im Bereich" von 4% angehoben werden). Auch wenn der konkrete Prozent-Betrag "natürlich" von vielen Faktoren abhänge, die man noch nicht genau abschätzen könne.
Inzwischen hört man, dass 2009 noch eine Erhöhung der BAföG-Sätze kommen könnte (die Betonung liegt auf "könnte" ...). Insgesamt wären dass dann 10%. Aber wie schon angedeutet: Um die steigenden Lebenshaltsungskosten auszugleichen und das BAföG-Niveau von 2001 zu erreichen, müsste eigentlich schon dieses Jahr eine Steigerung von 10% erfolgen. Die Planungen sind also nicht ausreichend.
Warum 10% mehr BAföG-Etat nicht 10% mehr BAföG bedeutet
Wer sich nun fragt, warum eine Erhöhung der BAföG-Mittel um 112 Mio. Euro auf 1.242 Mio. Euro (das sind die Zahlen aus dem aktuellen Haushaltsentwurf direkt vom BMBF) nicht für eine Erhöhung der Bedarfssätze um mehr als 5% ausreicht, der stellt diese Frage mit Recht. Aber es gibt auch eine Erklärung. Die ist allerdings nicht so einfach:
Zunächst – ganz grundsätzlich – gibt es beim BAföG nicht nur Ausgaben, sondern auch Einnahmen: Die Rückzahlungen der Darlehensanteile. Dazu kommt, dass die Bundesländer 35% des Etats tragen. Zur Auszahlung steht also mehr Geld bereit, als die 1,2 Mrd. Euro. Andererseits gehen für Auslandszuschläge u.a. Sonderleistungen auch Geld außerhalb des normalen BAföG-Satzes weg.
Orientieren kann man sich aber wohl daran, dass die SPD im Mai verkündetet, mit 290 Mio. Euro mehr (allerdings erst ab 2009, für 2008 weniger, weil ja nur ab Oktober mehr gezahlt werden soll) sollen die BAföG-Sätze um 10% steigen. Wäre das Geld alleine für die Erhöhung des BAföG-Satzes und stimmen die 290 Mio. Euro, müssten 112 Mio. Euro für eine Erhöhung ab Wintersemester eigentlich reichen. Aber es ist eben doch anders:
Die Änderungen der kleinen BAföG-Novelle (Kinderzuschlag, Auslandsstudium ab 1. Semester etc.) wären zwar in der bisherigen Version weitgehend haushaltsneutral. Aber dies nur auf mehrere Jahre gesehen. Zunächst einmal fallen Kosten an, z.B. der Kinderzuschlag. Einsparungen würde es erst in Folgejahren geben. Vielleicht sollen die Einsparungen sogar doch weggelassen werden (was vor allem AbiturientInnen auf dem zweiten Bildungsweg freuen würde).
Also sind die 112 Mio. Euro nur zum Teil für eine Erhöhung der BAföG-Sätze für alle verwendbar (ein Gerücht sprach von nur 33 Mio. Euro – was fast schon selbst für 5% Erhöhung zu wenig sein könnte). Der Rest geht in die (zumindest temporären) Mehrkosten für die strukturellen Änderungen.
Peinlich für die SPD ...
Nach Angaben des BMBF-Sprechers hatte sich die Bildungsministerin Schavan (CDU) bei Finanzminister Steinbrück (SPD) um mehr Mittel bemüht. Sie habe tatsächlich eine BAföG-Erhöhung von 10% zum Wintersemester 2008/2009 durchsetzen wollen.
Wenn dies so stimmt, hätte sich sich die SPD – die das BAföG Anfang der 1970er "erfunden" hat – einmal mehr ziemlich blamiert. Denn von der SPD kamen die Forderungen nach 10% BAföG-Erhöhung, Fraktionschef Struck hatte Anfang Mai verkündet, von Seiten der SPD sei man sich einig, auch Finanzminister Steinbrück unterstütze dies.
Nun sollen zwar tatsächlich langfristig 290 Mio. Euro mehr für das BAföG zur Verfügung stehen. Aber für die versprochene Erhöhung des BAföG-Satzes schon 2008 reicht das nicht, dieser Wert würde – vielleicht – mit einem zweiten Schritt erst 2009 erreicht. Das ist zu spät. Falsch gerechnet wäre eine ziemlich peinliche Rechtfertigung ...
Kritik von Gewerkschaften und Studierendenverband fzs
"Die Großkoalitionäre sabotieren ihr angepeiltes Ziel, die Akademikerquote auf 40 Prozent zu erhöhen, wenn sie Bedarfssätze und Freibeträge nicht drastisch anheben. Ohne ein verbessertes BAföG wird es in Deutschland weniger und nicht mehr Akademiker geben. Ein Fachkräftemangel ist vorgezeichnet", sagte das für Hochschule zuständige GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller mit Blick auf den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2008.
"Wir sind geschockt, angesichts der bisherigen Versprechungen", so Konstantin Bender, Vorstandsmitglied des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs). "Von einer Anpassung an die realen Lebenshaltungskosten kann keine Rede sein (...)." Elke Michauk, ebenfalls Vorstandsmitglied des fzs, ergänz: "Das Studium wird immer teurer und die Unterstützung bleibt aus. Kein Wunder also, dass die Abbrecherquoten hoch sind und viele dem Studium fernbleiben."
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