Eurostudent IIISoziale und wirtschaftliche Lage der Studierenden in Europa (Teil 2)
Eurostudent III
Betrachtet werden im Bericht Eurostudent III (2005-2008) insgesamt 23 Länder. Dabei handelt es sich vor allem um EU-Mitglieder, darüber hinaus wurden noch Norwegen, die Schweiz und die Türkei betrachtet. Die Daten zur sozialen und wirtschaftlichen Lage der Studierenden in den einzelnen Ländern wurden von Hochschulen und staatlichen Institutionen erhoben und vom Hochschul Informations System (HIS) zusammengestellt. Für jedes Land liegt auch ein eigene, ausführlichere Auswertung vor.
Wo Studierende wohnen ...
Hier sind die unterschiedlichen Traditionen der verschiedenen Länder in Europa noch besonders deutlich. Wobei das vermutlich auch mit der finanziellen Lage zu tun hat. Im Süden Europas wohnen die meisten Studierenden noch bei den Eltern. Italien ist hierbei Spitzenreiter mit 72,7%, aber auch in Spanien sind mit 64,3% und in Portugal mit 55,4% mehr als die Hälfte der Studierenden noch bei den Eltern. Mit Abstand am wenigsten Eltern-Wohner gibt es übrigens in Finnland: Nur 3,8%, vermutlich auch wegen der großzügigen finanziellen Unterstützung von Studierenden durch den Staat.
In Deutschland, Österreich und allgemein im Norden Europas überwiegt das Wohnen in WGs oder alleine. In Deutschland und Österreich wohnen je 65% (genau: 65,3% bzw. 64,6%) alleine oder in WGs, 23,4% bzw. 25,5% bei den Eltern und 11,3% bzw. 9,9% in Wohnheimen.
In Finnland, England/Wales und den Niederlanden sind jeweils um die 30% aller Studierenden in Wohnheimen untergebracht. Spitzenreiter bei Studierendenwohnheimen ist Bulgarien: 46,4% der Studierenden leben in einem Wohnheim, damit ist Bulgarien das einzige Land, in dem die (relative) Mehrheit in einem Wohnheim lebt. Details siehe Grafik 1.
Quelle der Daten: Eurostudent III
... und wieviel sie für die Unterbringung zahlen
Im Durchschnitt ist Deutschland gar nicht so teuer, wie man vielleicht denken könnte. Im bundesweiten Schnitt kosten Wohnheimsplätze demnach 201 Euro/Monat, eigene Wohnungen/WG-Zimmer 290 Euro/Monat. In England / Wales (dem Spitzenreiter in Sachen Mietpreise) sind Studierende dagegen mit 532,40 Euro/Monat für ein Wohnheimsplatz und sogar 724,60 Euro/Monat für eine Wohnung dabei.
Aber auch in Spanien sind die Mieten nicht günstig: 348 Euro/Monat für Wohnungen/WG-Zimmer und sogar 517 Euro für Wohnheimsplätze. Auch Irland langt zu: 526 Euro für Wohnheimsplätze und 399 Euro für Wohnung/Zimmer.
Wirklich günstig ist es da nur im Osten Europas. Die günstigsten Wohnheimsplätze gibt es dabei in Bulgarien mit 30,10 Euro/Monat. Auch eigene Wohnungen/Zimmer sind dort mit 127,30 Euro noch sehr günstig (wobei bei letzterem Länder wie Litauen, Tschechien oder Rumänien sogar noch etwas günstiger liegen.
Wo kommt das Geld her?
Wir betrachten hier nur die prozentualen Anteile der Einkommensquellen bei Studierenden mit eigenem Haushalt (Wohnung, WG, Studentenwohnheim), um eine einigermaßen vergleichbare Ausgangsbasis zu haben. Trotzdem bleibt der europaweite Vergleich schwierig, weil es direkte und indirekte Förderungen gibt, Länder mit und ohne Studiengebühren etc.
In Deutschland kommen 53% von der Familie (bzw. PartnerIn, wobei letzteres wohl eher die Ausnahme sein dürfte). Hier sind auch (indirekte) staatliche Leistungen wie das Kindergeld oder Steuerfreibeträge für Kinder versteckt, da sie eben nicht direkt an den/ide StudierendeN gehen. Direkte staatliche Transfers (konkret ist das in Deutschland das BAföG) betragen nur 13%.
In den meisten anderen Staaten sind die direkten staatlichen Leistungen deutlich höher (dafür vermutlich indirekte niedriger). Spitzenreiter sind hier England/Wales (39%), Finnland (36%) und die Niederlande (37%), wobei hier (außer beim studiengebührenfreien Finnland) auch Unterstützungen für finanzschwächere Studierende für die (gerade in England auch recht hohen) Studiengebühren fallen. Insofern müsste man bei detaillierteren Vergleichen hier vorsichtig sein und mögliche Studiengebühren und Transfers dafür berücksichtigen. Das können wir hier leider auch nicht leisten, sondern nur andeuten.
Quelle der Daten: Eurostudent III
In der Hälfte der untersuchten Staaten arbeiten übrigens über die Mehrheit der Studierenden neben dem Studium (in Deutschland sogar 64,8%). Am stärksten verbreitet sind Nebenjobs in den Niederlanden, 74,7% der Studierenden gehen einem solchen nach. Wenig gejobbt wird dagegen vor allem in den südlichen Ländern (Portugal z.B. nur 21,7%, Spanien 25,3%, Italien 38,6%), ganz wenig in der Türkei (8,5%).
Was das Studentenleben kostet
Auch hier betrachten wir nur Studierende mit eigenem Haushalt (Wohnung, WG, Studentenwohnheim). Bei den absoluten direkten Kosten geht es weiterhin nur um Städte mit über 500.000 Einwohner. Der prozentualen Anteil der Mietkosten an den Gesamtkosten bezieht sich dagegen auf alle Studierende mit eigenem Haushalt, der Anteil von Gebühren an den Ausgaben wiederum sogar auf alle Studierende (also auch diejenigen, die noch bei den Eltern wohnen). Bei den Gebühren sind vermutlich nur sofort zu zahlende gemeint, Kredite dagegen werden ausgeblendet (da die Kosten erst später in Kraft treten).
Deutschland liegt jedenfalls mit 705 Euro (3,7% für gebühren, 37,3% für Miete) gar nicht am oberen Ende – dieses stellt überraschenderweise Irland mit 1225 Euro pro Monat dar (davon 11,4% für Gebühren und 36,1% für Miete). Auch in Finnland sind die Ausgaben (ganz ohne Gebühren!) mit 953 Euro hoch (41,7% gehen alleine für die Miete drauf). Auch Schweden ist mit 806,70 Euro teuer (1,1% für Gebühren, 45,7% für Miete).
Wirklich günstig sind auch bei den gesamten Kosten eher die Länder im Osten Europas. Sofern es sich um staatliche Hochschulen handelt, denn private nehmen dort oft Studiengebühren, die sich gar nicht so stark von denen an deutschen Privathochschulen unterscheiden. Die staatlichen haben zwar auch meist Studiengebühren, aber (aus Sicht von deutschen Einkünften) eher moderate. Jedenfalls kommen die Studierenden dort mit deutlich unter 500 Euro aus, in Tschechien oder Lettland sogar mit unter 300 Euro, am günstigsten (in Euros gesehen; für Menschen dort dürfte es trotzdem nicht wirklich günstig wirken) leben Studierende in Rumänien. 226,80 Euro reichen dort im Monat aus (11,4% für Gebühren, 20,9% für Miete).
Quellen und weiteres zum Thema