Bundesverfassungsgericht nimmt Verfassungsbeschwerde nicht an"Fallbeileffekt" der Einkommensgrenze beim Kindergeld bleibt
Dieser Artikel beschreibt den Stand zum damaligen Zeitpunkt (siehe auch Artikel-Datum!). Wie es heute steht, sollte unser Service-Artikel zum Thema Kindergeld darstellen.
Wenn es Kindergeld geben soll, darf das Kind nicht einen Euro zu viel verdienen - sonst gibt es gar nichts mehr
Beim Kindergeld hat es in den letzten Jahren einige Entscheidungen zugunsten der Kindergeld-Bezieher gegeben. So wurde gerichtlich festgestellt, dass vom Bruttogehalt durchaus mehr als nur die Werbungskosten abgezogen werden kann (insbesondere die Aufwendungen für die Sozialversicherungen - BVerfG vom 11.01.2005, Aktenzeichen: 2 BvR 167/02). Was dann noch übrigbleibt, musste aber unter dem Einkommens-Freibetrag liegen. Selbst wenn der Freibetrag nur um ein Euro überschritten wurde, fällt das Kindergeld komplett weg ("Fallbeil").
Einige Gerichte sehen "Fallbeileffekt" als Problem an, der Bundesfinanzhof jedoch nicht
Gerichte auf Landesebene waren mehrfach der Meinung gewesen, dies könne verfassungswidrig sein. Trotzdem dauerte es lange, bis ein entsprechender Fall bis vor ein Bundesgericht, in diesem Fall dem Bundesfinanzhof (BFH) kam und auch tatsächlich geurteilt wurde. Ein erster Fall war Ende 2006 schließlich nicht verhandelt worden, da die Klage von der beklagten Familienkasse zurückgenommen wurde.
Im Mai 2008 war es dann aber soweit: Der Bundesfinanzhof befasste sich im Rahmen eines Verfahrens, in dem es auch um andere Kindergeld-Details ging, auch mit der Frage des "Fallbeileffektes". Das Urteil (Az. III R 54/06) fiel eindeutig aus: Der "Fallbeileffekt" wurde als "verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden" bezeichnet und auf andere Urteile verwiesen, in denen der BFH ähnliche Freigrenzen ebenso wenig beanstandet hatte.
Verfassungsbeschwerde erfolglos
Die Klägerin wollte jedoch nicht aufgeben und legte Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. So bestand denn noch eine – wenn auch eher kleine – Chance, dass es doch zu einer anderen Entscheidung kommt.
Diese Hoffnung wurde nun zunichte gemacht: Das Verfassungsgericht hat die Beschwerde nicht angenommen (Az. 2 BvR 1874/08) und zwar einstimmig. Grund: "Die Beschwerdeführerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass sie durch die angegriffenen Urteile oder durch § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in ihren Grundrechten verletzt sein könnte." Weiter wird ausgeführt, dass das Gericht damit keine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (also dem "Fallbeileffekt") getroffen habe.
Letzteres spielt aber kaum mehr eine Rolle. Durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofes (und damit des höchsten Finanzgerichtes in Deutschland), die nicht mehr anfechtbar ist und wogegen auch die Beschwerde vergeblich eingereicht wurde, ist der "Fallbeileffekt" auf juristischem Wege wohl kaum noch angreifbar.
In allen ähnlichen Fällen ist ein Widerspruch gegen den Bescheid ("kein Kindergeld") und Ruhen des Verfahrens mit Verweis auf das nun abgeschlossene Verfahren nicht mehr möglich. Man könnte sich stattdessen nunmehr auf das noch anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof mit dem Aktenzeichen III R 73/08 berufen. Dieses Verfahren streift den Fallbeileffekt auch, es bleibt aber zweifelhaft, wieso der BFH hierzu nun einer anderen Meinung sein sollte. Andererseits gab es auch in anderen Fällen erst eine Menge ablehnender Urteile, bis ein Verfahren der richtigen Kniff und die richtige Begründung lieferte, dass sich doch noch das Bundesverfassungsgericht in der Sache damit befasste und doch zu anderer Ansicht als die oberen Instanzen zuvor kam.
Quellen
- Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts: Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Fortfall des Kindergeldes bei Überschreitung des Jahresgrenzbetrages (29.04.2009)
- Verfahren beim Bundesfinanzhof mit dem Aktenzeichen III R 73/08 (betrifft u.U. auch Fallbeileffekt)
- "Fallbeileffekt" der Einkommensgrenze beim Kindergeld wahrscheinlich verfassungsgemäß (Artikel zur Entscheidung des Bundesfinanzhofes und deren Vorinstanzen; Studis Online, 03.12.2008)
- Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 29.05.2008, III R 54/06