KurzübersichtAlternative Modelle der Studienfinanzierung
Im Wesentlichen lassen sich die bekannteren Alternativmodelle zum BAföG in drei Gruppen einteilen: Sockelmodelle, Ausbildungskassen und Grundsicherungen.
Daneben kursieren allerdings auch immer wieder Vorschläge, die einfach nur eine einseitig höhere Belastung für Studierenden über Kredite vorsehen. So etwa der Vorschlag des Hamburger Wissenschaftsminister Dräger aus 20041, der eine Abschaffung von BAföG und Kindergeld vorsah und deren Ersetzung durch verzinste Kredite, die Lebenshaltungskosten und Studiengebühren abdecken sollten, oder das Rüttgers-Modells von 19952, das das bisherige BAföG und Unterhaltssystem grundsätzlich erhalten wollte, aber eine Verzinsung des bisher unverzinsten Darlehensanteil im BAföG anstrebte.
Sockelmodelle
Für die Gruppe der Sockelmodelle ist kennzeichnend, dass sie die Mittel, die für Leistungen des BAföG und Kindergeld aufgewandt werden, in einer einheitlichen Grundförderung an alle Studierenden zusammenfassen. Diese stellt regelmäßig den ersten Korb dar.
Der Urtyp der Sockemodelle ist das Drei-Stufen-Modell des Deutschen Studentenwerkes aus dem Jahr 1995. Es sah in der ersten Stufe einen Zuschuss in Höhe von 400 DM an alle Studierenden vor. In einem zweiten Schritt sollte analog zu den heutigen BAföG-Regelungen abhängig vom Einkommen der Eltern ein hälftiger Zuschuss und ein hälftiges Darlehen bis einer Gesamthöhe von damals 1.050 DM gezahlt. Schließlich war vorgesehen, den Studierenden im dritten Schritt zusätzlich ein verzinstes Darlehen von bis zu 200 DM anzubieten. Der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern wäre entfallen3.
Sockelmodelle sind geeignet, zu einer höhern Elternunabhängigkeit der Studierenden beizutragen und sie mildern das Problem des sogenannten „Mittelstandlochs“.
Auch aus Reihen der Hochschulrektorenkonferenz und SPD4 gab es ähnliche Vorschläge, was nach dem rot-grünen Wahlsieg 1998 Anlass zu Hoffnung auf ein Drei-Körbe-Modell gab. Dessen Umsetzung wurde allerdings durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich erschwert. Durch die vom BVverfG geforderte Freistellung des Existenzminimums für alle Einkommensgruppen hätte ein sehr hoher Grundsockel gewählt werden müssen, der – zumindest aus Sicht der rot-grünen Koalition – nicht finanzierbar erschien. Begleitet von schwierigen, wenn auch nicht unlösbaren unterhaltsrechtlichen Problemen5, kam es schließlich zum berühmten Kanzlermachtwort von Kindergeld und Häuserbau, dass die Diskussion beendete.6
Ausbildungskassen
Ausbildungskassen wurden vor allem anhand des Bundesausbildungsförderungsfonds (BAFF), einem Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen, diskutiert. Sein Prinzip funktioniert nach dem umgekehrten Prinzip der Sozialversicherungen. Die Studierenden erhalten während des Studiums Leistungen und müssen diese nach dem Studium durch einen prozentualen Aufschlag auf die Einkommenssteuer zurückzahlen.7
Grundsätzlich sollten Studierende während 12 Semestern monatliche Förderungen in Höhe von 1050 DM erhalten. Die Förderung kann auch gestreckt in Anspruch genommen werden können. Die Rückzahlung ist auf maximal 25 Jahre ausgelegt und soll jeweils bis zu 5% des Einkommens betragen. Das Einkommen zwischen 14.000 und 260 000 DM sollte zur Rückzahlung herangezogen werden, wobei Kinder begüterter Eltern bei gleicher Förderung mehr zurückzahlen sollten.
Es gab verschiedene Argumente gegen den BAFF. So wurde ihm zum Beispiel vorgeworfen, eine Ausbildungskasse nur für Arme zu sein. Materiell besser gestellte Studierende würden sich dem System leicht entziehen können und es so schwächen. Anderseits wäre er ein großer Schritt in Richtung von mehr Elternunabhängigkeit und Flexibilität gewesen. In der realpolitische Debatte war letztlich wohl entscheidend, dass der Fond – obwohl tendenziell sogar selbsttragendend – eine Anlauffinanzierung von 11,5 Mrd. DM benötigt hätte, was selbst unter Einbeziehung der Streichung der anderen Leistungen ein erhebliches Finanzierungsdefizit ergeben hätte.
Grundsicherung
Von einer grundsätzlich anderen Warte aus argumentieren die VertreterInnen von Grundsicherungsmodellen. Für den fzs ist etwa eine bedarfsdeckende und personenbezogene soziale Grundsicherung für alle Menschen weiterhin die gesellschaftliche Antwort auf die Frage nach der Finanzierung des Lebensunterhaltes bei Nichterwerbstätigkeit. Dies schließt den Komplex der Studienfinanzierung ein.8 Demnach werden Studierende unter Aufhebung aller sonstigen Transfers direkt durch den Staat bedarfsdeckend bezuschusst.
Die Legitimation für diesen Zuschuss wird neben sozialstaatlichen Erwägungen in den positiven externen Effekten einer Hochschulbildung gesehen. Gegner von Grundsicherungsmodellen argumentieren vor allem mit den Kosten solcher Modelle. In Deutschland hat sich die Idee einer Grundsicherung – ganz im Gegensatz etwa zu den Skandinavischen Ländern9 – im politischen Mainstream bisher leider kaum verfangen.
Quellen zu diesem Artikel
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1 Dräger 2005, Bildungsdarlehen statt BAföG. Reform der Studienfinanzierung.
2 Blanke 2000, BAföG. Eine Idee und ihre Geschichte. Stuttgart.
3 Dohmen 1996, : Die Neuordnung der Studienfinanzierung. Frankfurt am Main ,S. 162.
4 a.a.O., S. 161.
5 a.a.O., , S. 187-194.
6 Nullmeier, Frank/ Pritzlaf, Tanja/ Wiesner (2003): Mikro-Policy-Analyse. Ethnografische Politikforschung am Beispiel Hochschulpolitik. Frankfurt. S. 105.
7 Dohmen 1996, S. 205.
8 http://www.fzs.de/aktuelles/positionen/793.html
9 Dohmen 1996, S. 99