Studienfinanzierung in EuropaNiederlande
Studiengebühren und Lebenshaltungskosten
An niederländischen Hochschulen werden generell Studiengebühren erhoben. Die Höhe der Studiengebühren wird vom Wissenschaftsministerium je Semester zentral vorgegeben. Für Studierende an Universitäten und den niederländischen Fachhochschulen („Hoger beroepsonderwijs“, HBO) betrugen die Studiengebühren für das Sommersemester 2007 monatlich rund 128 Euro (Vgl. Befragung Gottenbos 2007). Der Eurostudent-Report weist in den Niederlanden für das Jahr 2003 durchschnittliche Lebenshaltungskosten in Höhe 463 Euro aus. Studienkosten belasten das Budget der Studierenden in Höhe von 135 Euro.
Für Studierende außerhalb der Regelstudienzeit und älter als 30 Jahre können die Hochschulen innerhalb bestimmter Grenzen autonom Gebühren erheben. (Vgl. Vossensteyn 2004a: 57)
Studienförderung
Studienförderung wird in den Niederlanden zentral über die Behörde „Informatie Beheer Groep“ (IBG) verwaltet, die dem Wissenschaftsministerium unterstellt ist. (Vgl. Schwarz / Rehburg 2002: 77) Die Förderung besteht zunächst aus einer Kombination von Zuschüssen und Darlehen, deren Höhe nach der Wohnform der Studierenden variiert. Alle niederländischen Studierenden über 18 Jahre sind grundsätzlich förderberechtigt und erhalten einen Basiszuschuss. Die Höhe des Zuschusses beträgt für Studierende, die allein wohnen aktuell 253 Euro monatlich. Für Studierende, die bei ihren Eltern leben, beträgt er 91 Euro. Ergänzend haben alle Studierenden die Möglichkeit ein Darlehen in Höhe von bis zu 277 Euro in Anspruch zu nehmen.
Unterhalt und Zusatzzuschuss
Schließlich können Studierende aus finanziell schwächeren Schichten ein zusätzliches Darlehen in Höhe von 225 Euro, wenn sie alleine, beziehungsweise in Höhe von 206 Euro, wenn sie bei ihren Eltern leben, in Anspruch nehmen. (Vgl. Vossensteyn 2004a und Befragung Gottenbos 2007) Die Darlehen sind mit rund 3,5 Prozent verzinst und können über einen Zeitraum von 25 Jahren zurückgezahlt werden (Vgl. Vossensteyn 2004a: 59, Kaiser et al. 2005: 35). Von Eltern mit einem entsprechenden Einkommen wird erwartet, dass sie ihre Kinder im Umfang des zusätzlichen Darlehens unterstützen.
Förderdauer
Der Basiszuschuss kann nur während der Regelstudienzeit, die Darlehen darüber hinaus drei weitere Jahre in Anspruch genommen werden. Studierende konnten im Jahr 2004 bis zu 10.218 Euro im Jahr hinzuverdienen, ohne dass ihr Zuschuss gekürzt wurde (Vgl. Vossensteyn 2004a 58-59). Eine Besonderheit des Basiszuschusses ist, dass er unter bestimmten Umständen nur als verzinstes Darlehen gewährt wird. Nämlich dann, wenn Studierende zehn Jahre nachdem sie erstmals ein Studium aufgenommen haben, keinen Abschluss vorweisen können. (Vgl. Vossensteyn 2004a: 58)
Transfers und Dienstleistungen
Transferleistungen an die Eltern der Studierenden spielen in den Niederlanden keine besondere Rolle und können nur in wenigen Ausnahmefällen bezogen werden. (Vgl. Vossensteyn 2004a: 59-60) Staatlich subventionierte Dienstleistungen gibt es für niederländische Studierende in den Bereichen Essen und vor allem im Bereich des öffentliche Personenverkehrs (Vgl. Vossensteyn 2004a: 59)
Förderung im Ausland
Die niederländischen Darlehen und Zuschüsse sind für einen befristeten Aufenthalt im Ausland vollständig mitnahmefähig. Die Studierenden können in diesem Fall sogar beantragen, den Gegenwert der Subventionen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs in Höhe von monatlich 73 Euro ausbezahlt zu bekommen (Vgl. Vossensteyn 2004b: 46) Ein Auslandsstudienaufenthalt mit dem Ziel das Studium im Ausland abzuschließen, ist jedoch bislang von den Niederlanden aus nur in wenigen Ländern oder nur in bestimmten Studiengänge möglich (Vgl. Vossensteyn 2004b: 47). Zum Wintersemester 2007/2008 werden aber Studienaufenthalte in Verbindung mit der Einführung eines Residenz-Kriteriums in alle Länder ermöglicht werden. (Vgl. WGPortGraLo 2007: 31, Eurydice Niederlande 2006: 93).
Ausblick
Für die Zukunft stehen der Studienfinanzierung in den Niederlanden erhebliche Veränderungen bevor. Einerseits wird das gesamte Studienfinanzierungssystem – ohne dass aber die einzelnen Förderkomponenten aufgegeben werden – auf ein Voucher (Gutschein)-System umgestellt, anderseits ist die erhebliche Ausweitung der Mitnahmefähigkeit der nationalen Studienförderung geplant. (Vgl. Eurydice Niederlande 2006: 93-95)
Literatur
Befragung Gottenbos (2007): Ans Gottenbos (Niederlande), Stellvertretende Abteilungsleiterin der Abteilung Studienfinanzierung im niederländischen Wissenschaftsministerium. Schriftliche Email-Auskunft vom 7. Mai 2007
Eurydice Niederlande (2006): The Education System in the Netherlands 2006. Ministry of Education, Culture and Science (Hrsg.). Den Haag. Zitiert Eurydice Niederlande (2006).
www.minocw.nl/documenten/eurydice_2006_en.pdf (bei archive.org).Kaiser, Frans et al. (2005): Issues in higher education policy 2005. An update on higher education policy issues in 2005 in 10 Western countries. Center for Higher Education and Policy Studies (CHEPS) (Hrsg.). Enschede.
Schwarz, Stefanie / Rehburg, Maike (2002): Studienkosten und Studienfinanzierung in Europa. Frankfurt am Main.
Vossensteyn, Hans (2004a): Student financial support. An inventory in 24 European countries. Background report for the project on the portability of student financial support. Center for Higher Education Policy Studies (CEPS). Enschede.
www.nessie.nu/doc/2005/student_financial_support_backgroundreport.pdf (bei archive.org).Vossensteyn, Hans (2004b): Portablity of student financial support. An inventory in 23 European countries. Main report. Center for Higher Education Policy Studies (CEPS). Enschede.
www.nessie.nu/doc/2005/portability_of_student_financial_support.pdf (bei archive.org).WGPortGraLo (2007): Bologna Working Group on Portability of Grants and Loans. Final Report to the Bologna Follow Up Group. Zitiert: WGPortGraLo (2007)
www.dfes.gov.uk/bologna/uploads/documents/Reportportabilityworkinggroupfinal.doc (bei archive.org).