77-Raten-RegelSchuldenobergrenze bei BAföG-Rückzahlung
Hast du bereits mindestens einmal Studierenden-BAföG vor August 2019 erhalten (Schüler-BAföG spielt dabei keine Rolle!), so trifft das hier im Artikel beschriebene leider nicht auf deinen Fall zu! Für dich gilt wahrscheinlich die feste Schuldenobergrenze von 10.000 €.
Die 77 Raten-Regel
Eigentlich sind 50% der normalen BAföG-Raten (Inlands-BAföG ohne Kinderzuschlag) ein Zuschuss, der Rest Darlehen. Solange dein Darlehensanteil deutlich geringer als 10.010 € ist, spielt die im folgenden erläuterte Regelung für dich keine Rolle.
Wer nur BAföG-Schulden aus Zahlungen seit August 2019 hat, ist nach spätestens 77 geleisteten monatlichen Raten schuldenfrei, also nach 6 Jahre und 5 Monate oder knapp 26 vierteljährliche Zahlungen.
Die aktuelle Standardrate liegt derzeit bei 130 € im Monat – zu zahlen vierteljährlich à 390 €. In Summe ergibt das aktuell 10.010 €, die maximal zurück gezahlt werden müssen.
Ausgenommen von der 77-Raten-Regelung sind Staatsdarlehen in Form eines Volldarlehens, die z.B. nach Ende der Förderungshöchstdauer für BAföG als Hilfe zum Studienabschluss oder bei mehrfachem bzw. zu spätem Studienfachwechsel gewährt werden können. Diese müssen noch zusätzlich zurück gezahlt werden.
Unterschied zur früheren festen Obergrenze
Zwei Dinge sind durch die Neuregelung deutlich anders:
Es gibt keine feste Schuldengrenze mehr. Die Schuldengrenze erhöht sich künftig automatisch, wenn die Rückzahlungsrate erhöht würde. Allerdings wurde die Rückzahlungsrate in den über 50 Jahren BAföG sehr selten erhöht. Es waren fast immer mehr als 10 Jahre Abstand zwischen Erhöhungen.
Steigt die Standardrate bis zum Ende deiner Rückzahlungszeit (durch die 77 Raten-Regel also knapp 6½ Jahre – immer vorausgesetzt, du brauchst keine zeitweise Freistellung wegen geringen Einkommens), erhöht sich automatisch die Schuldengrenze von derzeit 10.010 € mit. Im Gesetz sind nur noch 77 Raten als Grenze angegeben. Der neue Höchstwert ergibt sich dann aus 77 Raten * der neuen Standardrate. Hast du bei einer Steigerung der Standardrate schon einen Teil der Raten zurückgezahlt – egal wie hoch – gilt als individueller Höchstwert für die restlichen Schulden dann die Anzahl der übrigen Raten * der neuen Standardrate.
Es gibt also keine absolute Grenze von 10.000 € mehr wie für BAföG-Empfängerinnen, deren erste BAföG-Auszahlung zwischen Wintersemester 2001/02 und 2019/2020 lag. Sind deine individuellen Schulden geringer, muss natürlich weiterhin höchstens so viel und so lange gezahlt werden, bis die Schulden beglichen sind.
Vorteile ergeben sich bei der neuen Regelung für Rückzahlende mit Einkommen nur knapp über dem Einkommensfreibetrag. Dann fällt die zu zahlende Rate auf Antrag geringer als normal aus, trotzdem müssen maximal 77 Raten zurückgezahlt werden.
Allerdings gibt es nur einen sehr schmalen Korridor, in dem geringere Raten möglich sind. Die Mindestrate beträgt 42 €, wer weniger zahlen müsste, der wird ganz freigestellt – dann zählt es natürlich nicht als Ratenzahlung. Und sobald das rechnerische Nettoeinkommen 130 € oder mehr über dem Freibetrag liegt, fallen die normalen Raten an.
Beispiel für Schuldenfreiheit nach 77 Raten mit weniger als 10.010 € Rückzahlung
Peter hat über 10.010 € als BAföG-Darlehen erhalten. Zu Beginn des Rückzahlungszeitraums arbeitet er für ein Jahr deutlich verringert und kommt nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen auf 1400 € (netto), dann beträgt auf Antrag (den darfst du nicht vergessen zu stellen!) deine monatliche Rate 70 € (1400 € minus 1330 € Freibetrag). Nach einem Jahr steigt er wieder auf Vollzeit um, verdient deutlich über der Schwell und zahlt durchgehend (also noch 77-12= 65 Monate) die Normalraten. Er zahlt schließlich in Summe 9.290 € und ist danach schuldenfrei.
(12 * 70 € =) | 840 € | |
(65 * 130 € =) | + | 8450 € |
= | 9290 € |
Auch wer weniger als 10.000 € an Darlehensschulden hat, aber mehr als 9.290 € würde davon profitieren. Schuldenfrei bist du, sobald du 77 Raten gezahlt hast oder die Darlehenssumme vollständig bezahlt ist. Nur eins davon muss eintreten.
Für BAföG-Darlehenschuldner:innen, die dagegen eine Freistellung bekommen, wird die Rückzahlung nur aufgeschoben – bis es schließlich zum Schuldenerlass nach 20 Jahren kommt, vorausgesetzt die Bedingungen für den Erlass sind erfüllt.