Wenn alles schiefgelaufen istStundung der BAföG-Rückzahlung
Eine Stundung muss beantragt werden. Die Genehmigung ist Ermessenssache.
Solange du im 20 Jahre-Rückzahlungszeitraum (plus bis zu 10 Jahre in bestimmten Fällen) liegst, hast du immer die Möglichkeit, bei geringem Einkommen eine Freistellung zu beantragen. Dies musst du aber rechtzeitig tun – sonst hilft wirklich nur noch eine Stundung.
1. Stundung der BAföG-Schulden
Falls eine Freistellung nicht (mehr) möglich ist – z.B. weil du es versäumt hast, dem Amt deine geänderte Adresse mitzuteilen und bis das Amt dich gefunden hat, schon Forderungen gegen dich aufgelaufen sind –, kannst du beim BVA eine Stundung beantragen.
Grundlage einer Stundung (oder in sehr, sehr seltenen Fällen auch endgültiger Erlass oder Niederschlagung) ist § 59 der Bundeshaltsordnung (BHO).
Das Amt darf nur eine Stundung gewähren, wenn die sofortige Einziehung mit (a) erheblichen Härten für dich verbunden wäre. Zusätzlich darf (b)der Anspruch des Bundes durch die Stundung nicht gefährdet sein. Der Anspruch auf Rückzahlung bleibt bestehen. Es fallen dafür auch Zinsen an.
Und anders als bei einer Freistellung geht es nicht nur um dein Einkommen. Auch dein Vermögen kommt ins Spiel. Bist du verheiratet oder gesetzlich verpartnert, so spielt auch das Einkommen und Vermögen deines Partners eine Rolle – oder anders gesagt: Wenn die/der Partner:in finanziell gut dasteht, müsste sie bzw. er für dich einspringen.
Wer eine Stundung in Anspruch nimmt, kann später nicht mehr vom Schuldenerlass nach 20 Jahren profitieren.
Zu den beiden Bedingungen im Einzelnen:
(a) Erhebliche Härte bedeutet:
Du befindest dich aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse vorübergehend in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten oder
Du würdest in diese Zahlungsschwierigkeiten geraten, wenn du den fälligen Betrag sofort in einer Summe zahlen müsstest.
Das BVA muss das Vorliegen einer erheblichen Härte prüfen. Dazu musst du genaue Angaben zum monatlichen Einkommen deines Haushaltes vorlegen sowie dein Vermögen offenlegen. Nochmals: Anders als bei der Freistellung spielt auch Einkommen und Vermögen von Ehegatte/Ehegattin oder Lebenspartner:in eine Rolle, dieses muss also auch angegeben werden!
(b) Der Anspruch des Bundes wäre gefährdet, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass die fälligen Beträge trotz der Stundung nach Ablauf des Stundungszeitraums nicht gezahlt werden können. Das kann der Fall sein, wenn du dich durch (viele) weitere Verbindlichkeiten immer weiter verschuldest.
Da die BAföG-Schulden meist die ältesten offenen Forderungen sind (außer du wärst schon vor BAföG-Bezug verschuldet gewesen …), gehen sie anderen Verbindlichkeiten wie z.B. Immobilien-, Auto- oder sonstigen Krediten deiner Hausbank vor. Die BAföG-Schulden müssen also normalerweise als erstes zurückgezahlt werden!
2. Stundung der BAföG-Schulden beantragen
Den Antrag auf Stundung soll über das Portal BAföG-online gestellt werden. Falls noch nicht erfolgt, ist dort zunächst eine Registrierung erforderlich – entweder mit Mailadresse und Passwort oder mit der eID-Funktion des Personalausweises.
Nach Anmeldung muss dort der Einkommensermittlungsbogen und der Stundungsvordruck ausgefüllt werden.
Dazu müssen folgende Nachweise beigefügt werden (können eingescannt und als PDF-Datei gespeichert über BAföG-online hochgeladen werden):
neuester vorliegender Einkommensteuerbescheid
aktuelle Einkommensnachweise z. B.
Verdienstabrechnungen
Rentenbescheid
Bescheid über Arbeitslosengeld bzw. ALG II
Nachweise über vorhandenes Vermögen z.B.
Grundbesitz
Bausparverträge
Wertpapiere
Sparguthaben
Nachweise zu allen laufenden monatlichen Ausgaben z. B.
Miete
Strom, Wasser, Heizung, Telefon
Versicherungen
Kreditverträge (wirklich der Vertrag mit Abschlussdatum und Laufzeit, Kontoauszug zur Ratenzahlung reicht nicht!)
Abonnements
Empfohlen wird vom BVA noch, selbst einen Ratenzahlungsvorschlag zu unterbreiten.
Bei der Entscheidung über den Stundungsantrag handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Ein Rechtsanspruch auf eine Stundung besteht nicht.
3. Was ist nach 20 (bzw. 30) Jahren, wenn die Rückzahlungsregelungen des BAföG-Gesetzes enden?
Spätestens 30 Jahre nach Beginn der Rückzahlungsverpflichtung ist Schluss mit Rückzahlungsraten und auch der Freistellungsmöglichkeit. Seit 2019 gibt es dann eigentlich eine Erlassmöglichkeit, die allerdings gerade in den Fällen, wenn schon während der Rückzahlungszeit Stundungen in Anspruch genommen wurden, nicht greifen kann.
Jedenfalls gilt, wenn nach dieser Zeit noch Schulden offen sind, dass diese dann auf einen Schlag fällig werden. Wer dazu nicht in der Lage ist, kann auch in diesem Fall eine Stundung beantragen, es gelten die gleichen Bedingungen wie schon oben beschrieben.
Neben der Stundung sieht die BHO auch den Erlass oder die Niederschlagung vor (letztere kann auch auf einen Erlass hinauslaufen). Allerdings sind daran weit höhere Anforderungen gestellt. Daher kommen diese Varianten vorher in der Regel oft noch nicht in Betracht. Und auch nach den 20 Jahren nicht unbedingt gleich. Wie die Stundung sind auch endgültiger Erlass oder Niederschlagung eine Ermessensentscheidung.